Sowjetcharme, Islam und ein Hauch von 1001 Nacht. Die meisten Touristen wollen am liebsten auf kürzesten Weg zur historischen, sagenumwobenen Seidenstrasse. Wir erkunden stattdessen die beiden Hauptstädte Usbekistans und Kasachstans.

Sowohl Kasachstan als auch Usbekistan sind Länder zwischen Tradition und Moderne. Spuren nomadischer Lebensformen auf dem Land und Modernisierungsrausch in den Städten. Sittsam verhüllte Frauen in den Pilgerstätten Usbekistans und supermodern und freizügig gekleidete  Schönheiten in den Metropolen. Berittene Hirten in den Steppen und Luxuskarossen auf den Strassen Nur-Sultans. Viele Besucher haben es eilig direkt auf die Seidenstrasse zu gelangen und die Städte hinter sich zu lassen. Das kann man ihnen nicht verübeln, denn einen Schönheitswettbewerb würden die beiden Metropolen sicherlich nicht gewinnen. Doch wer nur das Hinterland besucht, dem entgeht der neue Pulsschlag der beiden Länder.

First Stopp: Usbekistan, Tashkent
Wer mit dem Flugzeug nach Usbekistan anreist, wird in der Regel in Taschkent landen, um von hier ins Landesinnere aufzubrechen. Obwohl Taschkent bereits sein 2211. Stadtjubiläum feierte, ist von ihrer langen Geschichte kaum etwas zu sehen. Vielmehr prägen mehrspurige Strassen, monumentale Gebäude und grosse Parks die weitläufige, grüne Stadt. Dass Taschkent so modern ist, hat einen traurigen Grund: das schlimme Erdbeben vom 26. April 1966 liess einen Großteil der Gebäude einstürzen. Neue mussten her und mit ihnen entstand eine neue Architektur, ein neues Stadtbild, ein neues Taschkent. Die meisten Lehmziegelbauten der Stadt wurden komplett abgetragen und durch gesichtslose Häuserblocks ersetzt, die schön in Reih und Glied angeordnet sind. Hinzu kommen grosse Plätze und weite Magistralen für Militärparaden –  Kurz: Die ganze Stadt wurde von der ehemaligen Sowjetunion auf Effekt und Machtinszenierung getrimmt. Wie ein trotziger Sowjetpalast thront das Hotel Uzbekistan über dem grossen Amir Timus Platz. Das Gebäude ist ein wahrer Augenschmaus für Fans der sowjetischen Architektur. Brutalismus in seiner reinsten Form. Dieses Hotel mit seiner wabenartigen Betonfassade ist keine Schönheit, aber auf jeden Fall enorm beeindruckend.

Die usbekische Seele
Ein kleines bisschen orientalischen Zauber erfährt man jedoch im Chorsu-Basar, wohl einer der schönsten Märkte Zentralasiens und seinen ihn umgebendes, verschlafenes kopfsteingepflastertes Labyrinth der Altstadt mit seinen traditionellen Lehmhäusern. Unter mehreren riesigen Kuppel, aber auch unter freiem Himmel  warten unvorstellbare Mengen von Melonen, Berge von Nüssen, Gurken Granatäpfel, Mandeln Trauben, Kräuter und Gewürze, aber auch laut gackernde Hühner und Massen an Lammfleisch auf ihre Käufer. Es gibt sogar einen extra Bereich nur für Brot. Das usbekische «Non» wird hier direkt vor Ort gebacken. Die mit Brotstempeln verzierten Fladen sind super günstig und ein einfacher Snack. Einen ersten Überblick über den riesigen Markt verschafft man sich am besten in der grossen, blau-grünen Kuppelhalle. Von ihrer zweiten Etage eröffnet sich ein schöner Rundblick auf das gesamte Treiben. Hier tummeln sich Usbeken, Tadschiken, Kirgisen, und Turkmenen – ja Taschkent ist eine Multikulti-Stadt. Türkische, persische, indische, mongolische, russische Einflüsse sind in den Gesichter erkennbar. Viele verschiedene Völker oder Stämme sind hier hängengeblieben und haben ihre Karawanen weiterziehen lassen. Sie fühlen sich heute als Usbeken und vertragen sich recht gut. Und auch zu Fremden ist man sehr freundlich und aufgeschlossen. Gastfreundschaft wird grossgeschrieben! Auf der anderen Seite des Basars haben Handwerker ihre Werkstätten und Verkaufsstände, wo man fast alles kaufen kann: Samoware, alte Schlösser, neue Öfen mit Brandmalerei verzierte Holtruhen – hier eröffnet sich dem Besucher eine ganz andere Welt als jenseits des Flusses mit ihren Plattenbauten und breit angelegten Strassen und besser kann man die Kultur und Tradition von Usbekistan nicht kennenlernen!

Traditional Turkish ceramics on the Grand Bazaar

Ausser vielleicht im Central Asian Plov Center. Plov ist Usbekistans Nationalgericht. Es besteht aus Fleisch, Zwiebeln, Reis, Knoblauch, Karotten, Rosinen und sehr vielen Gewürzen. Alles zusammen wird in einem riesigen Gusseisenkessel zubereitet, dem Kasan, der in ganz Asien – von der Türkei bis nach China – verwendet wird und etwas dem asiatischen Wok ähnelt, allerdings viel größer, tiefer und schwerer ist. Was für einen Europäer wie ein Reiseintopf aussehen mag, ist für den Usbeken die hohe Schule der Kochkunst. Das nahrhafte und herzhafte Nationalgericht schlechthin hat fast schon eine kultische Bedeutung.Kein anderes Gericht hat in Usbekistan einen so hohen Stellenwert wie Plov. Die Zubereitung des Reisgerichts gilt als besonders schwierig, wobei für manchen Europäer auch die Verdauung des Gerichtes nicht eben einfach ist. Beim Plov Centre kann man die Köchen beobachten, wie sie in riesigen Kasans Plov zubereiten und natürlich kann man auch gleich selbst einen Teller bestellen.

Uzbek pilaf

Unterirdische Schönheit
Direkt am Chosu-Basar befindet sich eine Metrostation. Sie gehört zu den einzigen U-Bahnen Zentralasiens mit vielen kunstvollen Bahnhöfen, wie man sie sonst aus Moskau kennt. Nahezu alle Stationen der beiden ältesten Linien sind mit monumentalen Kronleuchtern und Wandmosaiken prunkvoll dekoriert. Jeder U-Bahnhof hat eine individuelle Gestaltung aus Materialien wie graviertes Metall, Glas, Granit, Marmor, lasierte Keramikfliesen oder geschnitztem Alabaster. Der Name der jeweiligen Station spiegelt sich in der individuellen Ausgestaltung der Station wider: Ob Kronleuchter in Baumwollknospen-Form oder futuristisch anmutende Reliefs sowjetischer Kosmonauten, die U-Bahn von Taschkent ist auf jeden Fall ein Erlebnis.  Lange Zeit galt Fotoverbot in der Metro, denn in der Sowjetunion zählte die U-Bahn zu strategisch wichtigen militärischen Objekten. Dorthin sollte die kommunistische Führung des Landes evakuiert werden, falls der Westen angreift. Heute lohnen sich besonders die Stationen Alisher Navoy (sie erinnert an eine stilisierte Medrese), Ozbekiston (der Baumwolle gewidmet), und Kosmonavtla (die Kosmonautenstation) zu fotografiere.

Im sowjetischen Orient waren war über eine lange Zeit jede religiöse Aktivität weitgehend verboten, und nahezu alle Stätte des Isalms waren entweder zweckentfremdet oder ihrem Verfall preisgegeben. Heute stehen den gläubigen Muslimen wieder mehrere Medresen und Moscheen zur Verfügung. Als religiöses Zentrum gilt der Hast-Imam- oder auch Hasrati-Imam-Komplex. Dabei handelt es sich um einen grossen Platz mit mehreren bedeutenden Moscheen, Medressen (Koranschulen) und Mausoleen. Direkt am Platz befindet sich die «Teleshayakh Moschee», welche 1903 erbaut wurde und die grosse «Hasrat Imam Moschee» mit Platz für über 2.500 Gläubigen. Sie wurde erst 2007 erbaut und erstrahlt in grünem Marmor aus der Türkei, Sandelholzsäulen aus Indien und blaue Kacheln aus dem Iran.Hauptattraktion des Khast Imam Komplex jedoch der in der Medrese Muyi Muborak befindliche älteste Koran der Welt. Er ist auf Hirschhaut geschrieben und mit dem Blut des dritten Kalifen Uthman befleckt, der 655 beim Lesen ermordet wurde. Der Koran soll eines von nur fünf Originalen sein, die in der islamischen Welt verbreitet sind. Neben Mekka und Basra befindet sich eine Ausgabe des Koran in Taschkent.

Fazit: Tashkent ist keine Schönheit, aber gerade der Mix aus islamischen Bauten mit über 2000 Jahre alter Geschichte und imposanter, sowjetischer Architektur macht sie so interessant. Zudem sind die Usbeken ein sehr herzlicher und neugieriger Menschenschlag, die Besuchern gerne Einblick geben in ihr Leben und ihre Kultur.

Next Stopp: Kasachstan, Nursultan
Erst vor knapp einem Jahr wurde aus Kasachstans Hauptstadt Astana Nursultan. «Nursultan» ist der Vorname des langjährigen Machthabers Nursultan Nasarbajew. Die Kasachen haben sich noch längst nicht an den neuen Namen gewöhnt, dabei wurde in der Vergangenheit schon mehrfach umbenannt. Zunächst hieß sie Akmolinsk, ab 1961 Zelinograd, 1992 Akmola, 1998 Astana und nun Nursultan. Ja, Ehrbekundungen haben auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion eine lange Tradition. Aber egal wie man die Stadt nennt ob Astana oder Nursultan – sie gehört sicherlich zu den futuristischsten Hauptstädten der Welt.

Identitätssuche
Kasachstan ist das neuntgrösste Land der Erde. Doch trotz seines Rohstoffreichtums, seiner Wachstumsziffer ist es kaum bekannt und macht höchstens in negativen Schlagzeilen am Rand von sich reden. Besonders in Nur-Sultan zeigt sich der plötzlich hereinbrechenden Reichtum. Die ganze Stadt scheint beherrscht zu werden von einer recht präsenten Oberschicht und Menschen zwischen kultureller Ratlosigkeit und Selbstfindungsschwierigkeiten. Aber wen wundert das: Nach drei Generationen Sowjetmacht  herrscht plötzliche der Anspruch zum Teil der modernen Welt zu gehören.  Gerade in der Hauptstadt scheint es so als sei  Kasachstan ohne jegliche wirklich gewachsenen Kultur. Wie in vielen Nachfolgestätten der Sowjetunion ist das Land von unvorstellbaren kulturellen Leerstellen geprägt, die nun verzweifelt  mit einem Sammelsurium von Ideologien und Stilrichtungen geprägt werden.

Das Konzept der Hauptstadt lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Man lässt Stararchitekten aus der ganzen Welt einfliegen und diese verwirklichen hier ihre verrücktesten Gebäudeideen. Es gibt keine wirklichen Normen oder Vorgabe und so präsentiert sich die Stadt als riesiger Waldorf-Spielplatz der Architektur Elite. Über zehn Milliarden Dollar wurden bisher aus Kasachstans Öl- und Gasvorkommen investiert. Geld spielt keine Rolle und man zeigt gerne, was man sich alles leisten kann. Natürlich mussten auch viele alte Häuser modernen Neubauten weichen. Das sicherlich bekannteste Bauwerk ist ein Turm, der wie ein Fußballpokal aussieht. Für Kasachen «Bajteker», der «Baum des Lebens». Der Legende nach legte Wundervogel Samruk sein goldenes Ei auf jenen Baum ab, unerreichbar für Menschen, deren Wünsche und Sehnsüchte jedoch in diesem Ei deponiert sind. Aus dem ganzen Land reisen Besucher an, um sich die Kugel zu besuchen. Von hier oben hat man zum einen tolle Aussicht über die Stadt und zum anderen kann man auf einem Podest seine Rechte in einen Handabdruck legen. Es ist der originale, in Gold gefasste Handabdruck vom ehemaligen  Präsidenten Nursultan Nasarbajew, nach dem die Stadt heute benannt ist. Wer ihm symbolisch die Hand gibt, darf sich auf ein glückliches Leben freuen. Von oben ist unschwer zu erkennen, wie Astana ins absolute Nirgendwo der Steppe gebaut wurde. Heute reiht sich  ein modernes Gebäude ans andere bis plötzlich Schluss ist und die Stadt im «Nichts» endet.

Spielwiese der Stararchitekten
Auch Sir Norman Foster hat bereits in der Stadt gebaut. Mit dem Khan Shaty wollte er die Verbundenheit Kasachstans mit den traditionellen kasachischen Nomaden symbolisieren, die in der Geschichte des Landes eine besondere Rolle spielen. So entwarf so das grösste Zelt der Welt: Der 102 Meter hohe Kegelbau mit lichtdurchlässiger Kunststoffhaut, die eine Fläche von 14 Fussballfeldern bedeckt, ist ein Vergnügungszentrum. Im Inneren befindet sich nicht nur eines der beliebtesten Einkaufszentren von Nursultan, sondern ganz nebenbei auch der Aquapark mit Wellenbad, Riesenrutsche und einem beheizbaren Strand.Norman Foster entwarf auch die 77 Meter hohe Pyramide des Friedens und der Eintracht. Die minimalistische Glaspyramide, symbolisiert die verschiedenen Religionen in der Welt und beherbergt ein Opernhaus mit 1500 Sitzplätzen, eine universitäre Fakultät, Begegnungräume sowie ein nationales spirituelles Zentrum. Im Zentrum der Stadt erstreckt sich eine monumentale, kilometerlange Ost-West-Achse vom Torbau des Energiekonzerns Kazmunaigaz am einen Ende bis zur pompösen Residenz des Präsidenten am anderen Ende. Auch hier wurde natürlich geklotzt und nicht gekleckert. als Vorbild galt augenscheinlich das Weisse Haus in Washington. Ein Stück Las vegas findet man Abends bei den Singing Fountains, die eine spektakuläre und kitschige Lichtshow zu klassischer Musik bieten. Ganz die goldenen Zwillingstürme am Water Green Bpulevard, die im Volksmund nur «Astana Beer Cans» genannt werde, da sie wie zwei in die Landschaft gestellten Bierdosen aussehnen. Egal was man von dem bunt gemischten Sammelsurium von Bauten halten mag, hier lässt sich niemand lumpen. Besonders nicht das das staatliche Mineralölunternehmen. Das Headquarters besteht aus sieben wuchtigen Gebäuden mit bis zu 18 Stockwerken, die man bereits aus der Ferne glänzen sieht. Wie fast alles in Nursultan ist auch die Hazrat Sultan Moschee ein Neubau. Die 2012 errichtet Moschee bietet  bis zu 10.000 Gläubige Platz und ist somit die grösste Moschee in ganz Zentralasien. Zudem hat sie die grösste Kuppel in ganz Kasachstan mit einer Höhe von 51 Metern und einem Durchmesser von 28,1 Metern. Ja, in Nursultan liebt man Rekorde und Gold.

Fazit: Understatement ist in dieser Stadt ein Fremdwort. Das kann interessante Gebäude erschaffen, aber auch leicht in eine riesiges Disneyland kippen. Es bleibt spannend wie sich die Stadt in den nächsten Jahren entwickelt. Hoffe, wir, dass sie unterwegs ihre kasachische Seele finden wird.

Fasten Your Seatbelt
Air Astana, die nationale Fluggesellschaft Kasachstans, fliegt seit letztem Jahr  mit neuen Umsteigeverbindungen ab Frankfurt am Main über das internationale Drehkreuz Astana nach Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans. Die Flüge von Frankfurt finden jeweils um 18.55 Uhr immer dienstags, mittwochs, samstags und sonntags statt. Nach kurzem Umsteigen am Astana International Airport erreichen die Fluggäste Taschkent am Morgen des folgenden Tages. Die Reisezeit beträgt auf dem Hinflug 9 Stunden und 45 Minuten, von Taschkent nach Frankfurt 11 Stunden und 20 Minuten. Für Staatsbürger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz keine Visumspflicht mehr – Besucher können sich bei touristischen, privaten und geschäftlichen Reisen bis zu 30 Tage im Land aufhalten, ohne ein Visum beantragen zu müssen. Wer beim Flug über das Drehkreuz Astana International Airport noch einen Aufenthalt in der kasachischen Hauptstadt einlegen möchte, für den bietet die Airline ein eigenes «Air Astana Stopover»-Paket an. Über Stopover Holidays gibt es eine Übernachtung in einem Drei- oder Vier-Sterne-Hotel inklusive Frühstück sowie Transfer vom/zum Flughafen ab 1 US-Dollar. Darüber hinaus können zusätzliche Übernachtungen ab 65 US-Dollar oder beispielsweise eine dreistündige Stadtrundfahrt hinzu gebucht werden.
www.airastana.com/ger/de-de/Planen/Stopover-Holidays