Katakomben, Friedhöfe & Beinhäuser

Die Tage werden kürzer und das bevorstehende Allerseelen-Fest verleitet gerade dazu, Spaziergänge an düstere Orte zu unternehmen.  Mysteriöse Orte in Tschechien und Geheimnisse der Geschichte, die mit Tod oder Leiden in Verbindung stehen.

 

In der Stadt Kutná Hora (dt. Kuttenberg) steht das wahrscheinlich berühmteste Beinhaus der Tschechischen Republik. Die Allerheiligenkirche am hiesigen Friedhof ist in einen oberirdischen und einen unterirdischen Bereich geteilt – die obere Kapelle symbolisiert das Licht des Lebens, die untere Kapelle hingegen die Finsternis und den Tod. Der unterirdische Teil birgt auch das erwähnte Beinhaus, das im 18. Jahrhundert nach den Plänen des Barockarchitekten Santini errichtet wurde und Gebeine von mehr als 40.000 Menschen beherbergt. Im Innern finden Sie vier grosse Pyramiden, eine Deckenleuchte und die detailgetreue Nachbildung des Wappens derer von Schwarzenberg – alles aus den Überresten von Menschen angefertigt, die der Pest oder den Hussitenkriegen zum Opfer fielen.

Unter der Friedhofskirche des hl. Jakob liegen die Gebeine von 50000 Menschen. / Bild: © CzechTourismus

Das zweitgrösste begehbare Beinhaus in Europa finden Sie in der mährischen Metropole Brünn. Die Friedhofskirche des hl. Jakob stammt bereits aus dem 13. Jahrhundert und birgt bis zu 50.000 Opfer der Pest- oder Choleraepidemien sowie aus längst vergangenen Kriegen. Das Beinhaus wurde erst zu Beginn des neuen Jahrtausends entdeckt und kann seit knapp fünf Jahren von Besuchern besichtigt werden.

Das Wandeln auf den Spuren des Todes führt uns unausweichlich bis an die Orte der letzten Ruhestätten. Einen Friedhof, wo eine ganze Reihe an bedeutenden tschechischen Persönlichkeiten ihre letzte Ruhe fand, finden Sie direkt auf der Prager Festung Vyšehrad. Zum Andenken an diese Menschen wurde die gemeinsame Grabstätte „Slavín“ errichtet, deren Entwurf vom tschechischen Architekten Antonín Wiehl aus dem 19. Jahrhundert stammt.

Friedhöfe erzählen immer auch Geschichten: Hier der Prager Friedhof. / Bild: © CzechTourismus

Eine alles andere als pietätvolle Atmosphäre herrscht auf einem anderen Prager Friedhof, im Stadtteil Bohnice. Der Friedhof erstreckt sich rund um die hiesige psychiatrische Heilanstalt und zählt zu den gespenstischsten Orten in Prag. Der Friedhof wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts als letzte Ruhestätte für Patienten errichtet, derer sich keiner annehmen wollte, wobei hier auch eine Reihe von Mördern und Verbrechern begraben liegt. Ihre bewegten Schicksale und die drastischen Methoden, die damals bei der Behandlung von psychischen Krankheiten angewandt wurden, könnten der Grund dafür sein, warum viele Menschen an diesem Ort eine ungewöhnliche negative Energie spüren. Ähnlich mysteriös ist auch der Friedhof in der südwestlich gelegenen Gemeinde Velhartice, denn die hiesige Kirche der hl. Maria Magdalena wird von manch einem Geheimnis umwoben. Eine der Legenden über ein junges Mädchen, das bei satanischen Ritualen und Versuchen, Tote wieder zum Leben zu erwecken, geopfert wurde, inspirierte den tschechischen Schriftsteller Karel Jaromír Erben zum Verfassen der Horrorgeschichte „Svatební košile“ (Hochzeitshemd) aus der Gedichtsammlung „Kytice“ (Blumenstrauss).

In der Stadt Klatovy finden Sie eine Rarität von europäischer Bedeutung – die Krypten unterhalb der Jesuitenkirche der Unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria und des hl. Ignatius, die als Katakomben von Klatovy bekannt sind. Nach den Plänen der Erbauer dienten sie als Grabstätte für die Mitglieder des Jesuitenordens, des Adels, Militärs und Bürgertums, wobei hier mehr als 200 Menschen beerdigt wurden. Die Leichen wurden in Eichensärge auf Holzspäne gelegt, umgeben mit Hopfendolden. Jeder Sarg wurde mit einer bleiernen Identifizierungtafel versehen. Dank eines ausgeklügelten Luftsystems, kam es zur Mumifizierung der Körper. Lange Jahre blieben die Körper praktisch unversehrt. Bis Bauarbeiter bei Reparaturarbeiten die Lüftungsschächte mit Bauschutt zuschütteten. Dadurch wurden 140  Mumien Vernichtet.

Die „überlebenden“ Mumien von Klattau / Bild: © Bürgervereinigung Katakomby

 

 

Im Benediktinerkloster Broumov in Nordböhmen sind 34 Mumien aufgebahrt, die aus der Krypta der Pfarrkirche des hl. Prokop in Vamberk stammen. Im Rahmen einer eigenständigen Ausstellung werden fünfzehn von ihnen den Besuchern präsentiert. Die älteste Mumie stammt aus dem 17. Jahrhundert, die Mehrzahl stammt jedoch erst aus dem 18. Jahrhundert. Es handelt sich vornehmlich um die Mumien der hiesigen Bürger, Priester, Orgelspieler und weiterer bedeutender Persönlichkeiten.

 

Die Krypta mit Mumien im Kloster Broumov / Bild: © klasterbroumov.cz

„Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen. Bin ich, ist er nicht. Ist er, bin ich nicht.“
(Epikur von Samos)