Mit 41 Jahren hat Daniel Humm alles erreicht, was man als Koch erreichen kann. Sein Restaurant in New York gehört zu den besten der Welt. Der Guide Michelin zeichnet ihn mit drei Sternen aus.
Text: Yvonne Beck
Daniel Humm wurde 1976 in der Aargauer Gemeinde Strengelbach geboren. Mit vierzehn Jahren begann er seine Ausbildung im Zürcher Restaurant Baur au Lac. Zehn Jahre später folgte der erste Michelin-Stern. Mit 25 Jahren ging er nach San Francisco, ohne ein Wort Englisch zu sprechen, später zog er weiter nach New York. 2011 schaffte er den unglaublichen Sprung von einem Michelin-Stern auf drei Sterne. Humm repräsentiert wie kaum ein anderer die amerikanische Tellerwäscher Karriere. Der gebürtige Aargauer hat es allen gezeigt: Wer hart arbeitet, immer am Ball bliebt und einfach alles richtig macht, dem steht die ganze Welt offen. Wir trafen den sympathischen Sternekoch und sprach mit ihm über Schweizer Produkte, die Optik seiner Gerichte und die besten Inspirationsquellen fürs Kochen.

Sie haben mit 14 Jahren die Schule verlassen und eine Lehre als Koch begonnen. Bei all Ihren Auszeichnungen nehme ich nicht an, dass Sie den Entschluss jemals bereut haben. Oder hat es jemals eine Alternative zum Beruf des Kochs gegeben?
Als ich als 14-jähriger von der Schule flog, sah meine Zukunft nicht gerade vielversprechende aus. Erst in der Kochlehre blühte ich auf und machte schliesslich den besten Abschluss in der ganzen Schweiz. Kochen ist einfach meine Leidenschaft und mein Leben. Eine Weile schwebte mir vor Profisportler zu werden, doch irgendwie kam ich nie ganz an die Spitze, so sehr ich mich auch angestrengt habe. Beim Kochen habe ich es erreicht – also war meine Entscheidung damals goldrichtig. Sport treibe ich heute nur noch zum Ausgleich.
Ich trinke jedes Mal, wenn ich in der Schweiz bin ein grünes Rivella – einfach aus nostalgischen Gründen. Es wirft mich für einen Moment in meine Kindheit zurück.
Sie laufen unter anderem Marathon…
Ja, Laufen ist Entspannung pur für mich. Aber gleichzeitig auch eine weitere Herausforderung. Ich will beim NY-Marathon unbedingt meinen persönlichen Rekord einstellen.
Mit welcher Art von Küche sind Sie gross geworden? Und hat diese die Speisenkarten Ihrer Restaurants beeinflusst?
Traditionelle Schweizer Küche mit regionalen Produkten. Schon meine Mutter hat immer beim Bauern eingekauft und das habe ich unbewusst übernommen. Die meisten wissen gar nicht, was vor den Toren New Yorks alles wächst und gedeiht. Für viele zählt Kaviar, Gänseleber oder Trüffel zu den Luxusprodukten – für mich sind frische Bohnen, Rübli oder Kartoffeln Luxusprodukte. Ich denke nach und nach werden auch die Gäste umdenken und auf Saisonalität und Regionalität setzen.

Welches Schweizer Produkt darf im Haushalt Humm nicht fehlen?
Ich liebe Schweizer Hartkäse. Bei Käse kann man den Schweizern nichts vormachen. Und in einer Stadt wie New York ist ja einfach alles zu haben. Und obwohl ich gar nicht wirklich so scharf darauf bin, trinke ich jedes Mal, wenn ich hier bin ein grünes Rivella – einfach aus nostalgischen Gründen. Es wirft mich für einen Moment in meine Kindheit zurück. Das ist ja das Schöne an Geschmäckern – man kann mit ihnen auf Zeitreise gehen.
Gibt es etwas was Sie in New York vermissen?
Eigentlich nicht! New York meint es gut mit mir und es ist mein Zuhause. Ich liebe diese Stadt. Ich habe dort meine Kinder und meine Firma mit mehreren Hundert Angestellten – ich kann und will dort nicht mehr fort.
Welche «Kochmode» können Sie gar nicht nachvollziehen?
Mir ist es ziemlich egal, was andere Köche machen. Ich versuche einfach meinen Weg zu gehen. Deshalb kann ich nicht viel zu den Kochmethoden meiner Kollegen sagen.

Aber schaut man nicht manchmal was die Konkurrenz macht?
Nein. Ich versuche einfach mein Ding durchzuziehen. Ich will gar nicht zu viel Einfluss von aussen.
Wo holen Sie sich neue Inspirationen?
Ich gehe sehr viel in die Bibliothek. Dort gibt es Unmengen alter Kochbücher. Uralte Rezepte neu zu interpretieren ist eine spannende Herausforderung. Zudem beziehe ich meine Inspirationen aus der Musik, der Kunst, der Architektur und dem Design. Neue Inspiration finde ich zudem auf dem Union Square Market, dem Bauernmarkt im Herzen von Manhattan, wo die Produzenten der Region von Ziegenkäse über Rübli bis hin zu frischen Birnen oder Kräutern alles verkaufen.
Kochen ist ganz klar ein Handwerk.
Wie würden Sie Ihre Küche beschreiben?
Meine Küche konzentriert sich auf regionale und saisonale Zutaten, die in Kombination mit traditioneller Zubereitung und moderner Technik stehen. Der Geschmack der einzelnen Komponenten steht immer im Vordergrund. Zutaten und Gewürze müssen den Eigengeschmack stets unterstreichen, dürfen ihn niemals übertünchen. Eine Tomate muss immer nach einer Tomate schmecken! Am besten nach einer sonnengereiften, frisch vom Strauch gepflückten. Ein Gericht bei uns muss stets gut schmecken, schön aussehen, kreativ sein, überraschend sein und eine Geschichte erzählen.

Sie haben unter anderem das Kochbuch «NoMad» veröffentlicht. In diesem legen Sie nicht nur Wert auf Speisen, sondern auch auf Getränke. Wie wichtig sind die passenden Getränke zu Ihren Menüs?
Oh, sehr wichtig. Essen und Trinken gehört zusammen. In dem Kochbuch gibt es wie in einem Geheimversteck aus der Prohibitionszeit ein weiteres Buch für Getränke. Früher waren Hotels ein Hort der Unterhaltung, ein Ort an dem man sich traf, trank, tanzte und feierte. An diese Zeiten würden wir gerne wieder anknüpfen. Ein Hotel soll nicht bloss ein Ort sein, in dem man schläft. Bei uns soll man sich aufhalten und ein Gesamtpaket erleben.
Sehen Sie sich eher als Künstler oder Handwerker?
Ich bin Koch und Kochen ist ganz klar ein Handwerk.
Ihre Gerichte sehen aber wie kleine Kunstwerke aus …
Der Geschmack ist immer das Wichtigste, aber auch die Präsentation ist sehr wichtig. Vor allem auf dem Sterne-Niveau. Wir versuchen unsere Gerichte momentan extrem zu reduzieren. Manche sehen aus wie eine blosse Tomatenscheibe, dabei steckt viel mehr dahinter. Je weniger auf dem Teller ist, desto weniger Fehler darf man sich erlauben. Alles muss perfekt sein.

Kochen ist nicht nur mein Job. Es ist meine Passion und ein ganz wichtiger Teil meines Lebens.
Was ist die oberste Regel in Ihren Restaurants?
«Make it nice» steht an der Wand des Eleven Madison Park. Und das ist meine oberste Devise. Das war auch der erste Satz den ich auf Englisch perfekt konnte.
Ihre Galgenmahlzeit (Lieblingsgericht) wäre …
Oh, …. Das ist nicht so einfach. Ich denke wichtiger als ein bestimmtes Gericht wären die richtigen Menschen, mit denen man es isst. Ein mit Liebe zubereitetes Gericht, mit frischen, guten Zutaten in netter Gesellschaft ist unschlagbar.
Wer kocht im Hause Humm?
Das ist ganz unterschiedlich. Aber sehr häufig koche ich, denn Kochen ist nicht nur mein Job. Es ist meine Passion und ein ganz wichtiger Teil meines Lebens.
