«Grüne Tomaten», «Die Tribute von Panem», «Captain America», «Miss Daisy und ihr Chauffer», «Spiderman», «The Fast and the Furious» oder die Zombie-Kult-Serie «Walking Dead», im Peach State die perfekte Kulisse.
Text: Yvonne Beck
Georgia rangiert bei der Anzahl an Film- und TV-Produktionen in den USA hinter Hollywood und New York an dritter Stelle. Weltweit steht der Bundesstaat bereits auf Platz fünf. Zeit für eine kleine Stippvisite auf den Spuren der Blockbusters und Kultserien.
Schockverliebt in die schönste Stadt des Südens
Bereits Forrest Gump liess auf einer Bank am Chippewa Square in Savannah verlauten, «Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen – man weiss nie, was man kriegt», und erschuf damit eins der wohl berühmtesten Filmzitate. Die Bank, auf der Schauspieler Tom Hanks als Forrest Gump aus seinem Leben erzählt, steht mittlerweile nicht mehr dort, sie hat ihren Platz im Savannah History Museum gefunden. Doch auch ohne diese berühmte Parkbank ist Savannah eine der schönsten Städte des Südens der USA. Sie begeistert mit ihrer einzigartigen Mischung aus historischen Gebäuden, filmreifem Südstaatenflair, coolen Cafés und Vintage Shops. Ich bin vom ersten Moment an verliebt in diese Stadt. Die nahezu komplett erhaltene Innenstadt, mit wunderbar restaurierten historischen Stadtvillen und dem dekorativen Spanish Moss an den ausladenden Alleebäumen, nimmt mich sofort gefangen und versetzt mich nicht nur in eine andere Zeit, sondern in ein anderes Lebenstempo – ohne jegliche Hektik. In den schattigen Alleen und auf den vielen grünen Plätzen scheint der Geist vergangener grosser Zeiten noch gegenwärtig zu sein. Ja, Savannah versprüht noch immer die Atmosphäre des alten Südens, und anders als Charleston hinterlässt sie keinen aufgemöbelten Puppenhaus-Beigeschmack, sondern wirkt absolut authentisch.

Prächtige Bauten aus dem 18. Jahrhundert mit hölzernen Fensterläden und riesigen Veranden inklusive Schaukelstuhl lassen mich schwärmend die Stadt erkunden – ein bisschen fühle ich mich wie Vivien Leigh, die ihren Clark Gable in der Rolle des Rhett Butler erwartet. Kein Wunder, gilt «Vom Winde verweht» doch als der Südstaatenfilm schlechthin. Durch Krankheit ans Bett gefesselt, schrieb die junge Margaret Mitchell aus purer Langeweile eins der bekanntesten Bücher der Welt. In ihm schildert sie das Leben Scarlett O’Haras in den Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs. Zwar wurde der Film später fast komplett im Studio in Los Angeles gedreht, als Inspiration diente jedoch der Staat Georgia, in dem Margaret Mitchell lange Zeit ihres Lebens verbrachte. Für Fans gibt es besonders in Atlanta zahlreiche Möglichkeiten, auf den Spuren von «Vom Winde verweht» zu wandern. In der Fulton Country Library versteckt sich etwa im 5. Stock eine umfassende Ausstellung zur Autorin mit Büchern, Fotos und zahlreichen persönlichen Gegenständen wie Mitchells Schreibmaschine. Das Buch entstand übrigens in einem roten Tudor-Haus in Atlantas Crecent Street. Es dient heute als Museum, dessen Highlight Mitchells kleine Zwei-Zimmer-Wohnung ist.

Doch zurück ins Städtchen Savannah mit seinen liebevoll renovierten, viktorianischen Fassaden. An die 1300 Häuser stehen hier unter Denkmalschutz: Villen mit umlaufenden Terrassen, klassizistischen Säulen und aufwendigen Erkern, im 18. und 19. Jahrhundert bevorzugt aus Holz errichtet. Da fast alle dieser Häuser bewohnt sind, können nur wenige besichtigt werden. Eins von ihnen ist das 1819 erbaute Scarbrough House. Es ist eines der frühsten klassizistischen Wohnhäuser in Amerika und gilt heute als eins der schönsten. Einst gehörte es William Scarbrough, dem wohlhabendsten Baumwollhändler von Savannah. 1872 wurde das Haus in die erste öffentliche Schule für schwarze Kinder umgewandelt, die fast 90 Jahre als West Broad Street School bekannt war. Die Historic Savannah Foundation hat dieses Haus behutsam restauriert und mit Möbeln aus der Zeit von 1820 bis 1860 ausgestattet. Auch das Juliette-Gordon-Low-Geburtshaus, jetzt Girl Scout National Center, aus dem Jahre 1821 ist sicherlich einen Besuch wert. Hier kam die spätere Gründerin der amerikanischen Pfadfinderinnen (Girl Scouts), Juliette Gordon Low, zur Welt. Als erstes Haus in Savannah wurde es bereits 1965 unter Denkmalschutz gestellt. Haus und Garten haben das Aussehen von 1870, als Juliette zirka zehn Jahre war. Viele der Möbel sowie das Silber stammen aus dem Besitz der Familie Low.

Haunted City
In einer Stadt wie dieser sind natürlich auch Gruselgeschichten nicht weit. Savannah besitzt einen geradezu morbiden Charme. Wer sich einer Ghost-Tour anschliesst, kann auch ohne Geistersichtung viel Interessantes über die Stadt erfahren. Da Savannah nicht nur Schauplatz des amerikanischen Bürgerkrieges, in dem Tausende Soldaten umgekommen sind, sondern auch Hochburg für den Sklavenhandel war und von Krankheitsepidemien wie dem Gelbfieber heimgesucht wurde, geistern noch heute viele gequälte Seelen durch die Stadt. Einige von ihnen lassen sich auf dem Bonaventure Cemetery, dem ältesten und schönsten Friedhof von Savannah, antreffen. Seine Bekanntheit erlangte er durch die Verfilmung des Romans «Mitternacht im Garten von Gut und Böse». Der Roman wird in Savannah nur als «The Book» bezeichnet. Die alten Gräber mit den künstlerisch gestalteten Skulpturen und die uralten Eichen, von denen das Spanische Moos herabhängt wie Trauerflor, kreieren ein ganz besonderes Flair. Das berühmteste Grab auf dem Friedhof ist das Grab von Little Gracie, einem kleinen Mädchen, das 1889 mit sechs Jahren an einer Lungenentzündung starb. Seine Eltern liessen eine Skulptur ihrer Tochter anfertigen und kauften einen ganzen Abschnitt auf dem Friedhof, damit später hier die ganze Familie ihre letzte Ruhestätte finden sollte. Die Eltern gingen jedoch zurück in ihre alte Heimat nach Boston, wo sie auch begraben wurden, und so liegt Gracie nun seit fast 130 Jahren ganz alleine. Immer wieder wird Little Gracie in Savannah und auf dem Friedhof auf der Suche nach ihren Eltern gesichtet. Um sie zu trösten, legen Besucher für sie Spielzeug an das Grab, und angeblich soll sie blutige Tränen vergiessen, wenn das Spielzeug entfernt wird. Aber auch die anderen Engelsskulpturen auf dem Friedhof sollen ihre Gesichtsausdrücke von traurig, fröhlich bis wütend wechseln können.

Filmische Eismomente & Fried Green Tomatoes
Nach so vielen Geschichten und Gruselmomenten braucht meine Seele etwas Süsses, also mache ich mich auf zu Leopold’s Ice Cream – der ältesten Eisdiele der Stadt. Savannahs berühmte und hochgelobte Eisinstitution ist dank der meist bis auf die Strasse reichenden Schlange leicht zu finden. Seit 99 Jahren serviert man hier das beste Eis der Stadt, wenn nicht sogar der Südstaaten. Hier werden neben ausgefallenen Sorten wie Huckleberry Cheesecake, Guiness oder Caramel Swirl auch gleich ein paar Filmstories serviert. Stratton Leopold, Besitzer der Eisdiele, war nämlich Producer der Filme «Mission: Impossible III» mit Tom Cruise und «The Wolfman» mit Anthony Hopkins. So gehen hier kulinarische Genüsse und Filmgeschichte Hand in Hand – genau wie an einem anderen Ort in Georgia …
«Nach Ruth’s Tod und der Stilllegung der Eisenbahn machte das Café zu, und alle verstreuten sich in die verschiedenen Windrichtungen. Es war nie mehr als eine kleine Bruchbude, aber wenn ich jetzt so zurückdenke, als das Café schloss, hörte das Herz der Stadt zu schlagen auf. Seltsam, so ein kleines Lokal wie dieses hat so viele Menschen zusammengebracht.» – Juliette, etwa eine Stunde südöstlich von Atlanta, wurde von der Filmindustrie aus seinem Dornröschenschlaf wachgeküsst. Die Filmarbeiten von «Grüne Tomaten» machte aus dem verschlafenen 2800-Seelen-Dörfchen einen echten Touristenmagnet. Selbst heute, 27 Jahre nach Erstausstrahlung des Films, lockt das legendäre «Whistle Stop Cafe» Touristen aus allen Ländern an. In ihm wird echte Südstaatenküche serviert, und natürlich fehlen weder die legendären Fried Green Tomatoes noch ein echtes Südstaaten-BBQ – dessen «Geheimnis noch immer in der Sauce liegt». Die Feuerstelle aus dem Film liegt hinter dem Gebäude, ebenso wie eine Grabplatte, die an den spurlos verschwundenen Frank Bennett erinnert. Ein weiteres filmisches Relikt liegt an der MCCracken Street: das Grab mit der Aufschrift «Here lies Buddy’s Arm (1929–1936) – So long old pal». Fast erwartet man, dass Idgie (Mary Stuart Masterson) und Ruth (Mary-Louise Parker) um die nächste Ecke biegen oder man zumindest ein Glas frischen Honig von der «Bee Charmer» findet.

Den Beissern auf der Spur
Auch dem kleinen Städtchen Senoia brachte die Filmindustrie einen unerwarteten Besucheransturm. Als Kulisse für die fiktiven Orte Woodbury und Alexandria in «The Walking Dead» ist sie der Hotspot unter Serienfans. Wo vor zehn Jahren noch fünf Geschäfte im verschlafenen Senoia zu finden waren, sind es heute weit über 50, unter anderem das «Nic & Norman’s», das Burger-Restaurant des Hauptdarstellers Norman Reedus (Daryl Dixon) und des Produzenten Greg Nicotero. Fans der Serie lieben die Souvenirs des Woodbury Shoppe. Im Keller des Geschäfts befindet sich ein kleines Walking-Dead-Museum, in dem Requisiten wie Daryls Motorrad, Pennys Käfig sowie Gefängniszellen ausgestellt sind. Auf einer «The Touring Dead II»-Tour erkunden Fans zu Fuss die Drehorte und begeben sich anschliessend auf eine abenteuerliche Reise, wie ihre Helden in der Serie.

Das Epizentrum der Filmhelden ist jedoch Atlanta, Georgias Hauptstadt. Sie spielt in vielen Hollywood-Produktionen die Hauptrolle, allein 2016 wurden dort um die 250 Filme und Serien gedreht. Auf einer Atlanta Movie Tour erleben Filmfans eine ganz neue Art von Sightseeing. Die Filmtouren haben einen ganz unterschiedlichen Fokus und führen zu Schauplätzen von «Miss Daisy und ihr Chauffeur», «The Walking Dead», «Die Tribute von Panem» oder den Helden des Marvel-Universums wie «Spider-Man: Homecoming» und «Captain America: Civil War». Mit etwas Glück kann man sogar einen Blick auf ein aktuelles Filmset und den einen oder anderen Star erhaschen. Mit der neuen «Georgia Film Selfie Spot Tour» ist es nun ganz leicht, die Schauplätze von Filmen und Serien zu entdecken. 33 blaue Plaketten wurden hierfür in ganz Georgia verteilt und kennzeichnen populäre Drehorte sowie welcher Film dort gedreht wurde. Zugleich zeigen sie den besten Platz für das perfekte Selfie in der Originalkulisse. Die Schauplätze der «Film Selfie Spot Tour» sind, jeweils nach Region geordnet, mit detaillierten Informationen auf der Website aufgelistet. (www.georgiaonmymind.de). Mehr Informationen zu Locations, aktuellen Dreharbeiten sowie Film-Touren finden sich auf der Website www.exploregeorgia.org/film.