2009 stellen Johannes Reck, Biochemie-Student an der ETHZ (Zürich), und fünf seiner reisebegeisterten Freunde fest, dass man zwar Flüge und Hotels problemlos online buchen kann, Urlaubsaktivitäten jedoch kaum. In der Überzeugung, dass die Tourismusbranche «reif» für die Digitalisierung ist, gründen sie ihre Website für die Buchung von touristischen Dienstleistungen.

Text: Yvonne Beck

Heute beschäftigt GetYourGuide rund 100 Mitarbeiter an den drei Standorten Zürich, Berlin und Las Vegas. Zu seinem umfangreichen Online-Angebot hat GetYourGuide ein starkes Vertriebsnetzwerk aufgebaut und kooperiert mit führenden europäischen Online-Reiseagenturen und -veranstaltern, aber auch mit Unternehmen wie TripAdvisor, Dertour oder Thomas Cook.de. GetYourGuide ist heute das weltweit grösste Online-Buchungsportal für Touren, Ausflüge, Sightseeing und Attraktionen. Wir haben Gründer Johannes Reck getroffen.

Johannes Reck CEO GetYourGuide

Herr Reck, für alle, die es noch nicht kennen, was ist GetYourGuide?
GetYourGuide ist weltweit die grösste Plattform zur Buchung von Aktivitäten und Attraktionen in Destinationen. Sprich, hat ein Reisender seinen Flug und ein Hotel gebucht, kann er mit unserer Website oder App die passenden Aktivitäten vor Ort buchen. Wir bieten alles an von Tickets für den Eiffelturm bis hin zum Kochkurs in Barcelona oder einer Spreerundfahrt in Berlin. Auf dem Online-Portal www.getyourguide.de finden sich über 27.500 Touren, Aktivitäten und Attraktionen für mehr als 2.500 Reiseziele weltweit. Ob eine historische Sightseeing-Tour, eine kulinarische Stadtführung, ein Bungee-Sprung vom Hochhaus oder ein Musical-Besuch: Bei GetYourGuide ist eine Fülle an Urlaubsideen buchbar.

Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?
Wir sind das letzte grosse digitalisierte Feld im Reise-Online-Bereich. GetYourGuide macht das nun seit sechs Jahren, und es ist ein riesiger Wachstumsmarkt. Flüge und Hotels verkauft im Online-Bereich inzwischen jeder, die spannenden Aktivitäten jedoch vor Ort – an die sich die Reisenden auch noch später erinnern –, das sind die Produkte mit Strahlkraft. Die In-den-Destinations-Themen sind unheimlich stark in den Vordergrund gerückt, daher ist GetYourGuide auch so erfolgreich. Etwa ein Drittel des Reisebudgets wird vor Ort ausgegeben. Doch statt beim Reiseleiter oder beim Concierge buchen gerade jüngere Urlauber Zusatzleistungen gerne online. Das Geschäft ist sehr kleinteilig, aber der Markt riesig. Laut Marktforschungen ist er dreimal so gross wie der für Autovermietungen.

Jetzt geht es ja einigen Destinationen blendend, andere schwächeln und klagen über Besucherrückgang. Was können Sie diesen raten bzw. anbieten?
Der Destinationsmarkt und -service machen den gleichen Wandel durch, den auch die Hotels in den letzten Jahren durchgemacht haben. Touristen wollen immer mehr ausgefallene spannende Dinge. Die vielen kleinen Anbieter, die einen personalisierten Service und interessante Dinge wie eine Tapas-Tour durch Barcelona anbieten, das ist es, was Touristen immer mehr suchen. Jede Destination sollte daher sicherstellen, dass sie sich dementsprechend vermarktet und auch die passenden Angebote hat. Es werden immer ausgefallenere Ergebnisse gesucht. Vor allem von Touristen, die die Destination zum zweiten oder dritten Mal besuchen. Zudem wird viel Wert gelegt auf Services, die einen hohen Mehrwert bieten wie beispielsweise ohne Anstehen ins Vatikanmuseum und die Sixtinische Kapelle zu kommen. Und hier wird GetYourGuide tätig.

Sind Sie ein Workaholic? Wie viele Stunden in der Woche arbeiten Sie?
Ich reise sehr viel zwischen unseren Offices, daher ist dies schwer zu sagen. Generell würde ich sagen, dass ich zwischen 60 und 80 Stunden pro Woche arbeite. Aber ich liebe meinen Job, und mir sind die Stunden daher auch ziemlich egal. Mir ist es wichtiger, dass es der Firma und unseren Angestellten gut geht. Dafür bleibe ich gerne länger im Büro.

GetYourGuide

Und was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Reisen! Ich liebe es zu verreisen. Vor allem Städtetrips, bei denen ich gerne die Angebote von GetYourGuide wahrnehme und gleichzeitig testen kann.

Sie haben mit Ihrem Unternehmen in Zürich gestartet. Warum haben Sie Ihre weiteren Büros nun in Berlin und Las Vegas angesiedelt?
Berlin ist eine der zentralen Plattformen für Start-ups in Europa, weshalb die Rekrutierung dort viel leichter ist als in Zürich. Las Vegas war unerlässlich, um mehr über den amerikanischen Markt zu erfahren, der riesig ist und viele Chancen bietet. Weil in Europa alles ganz anders läuft, ist es wichtig, vor Ort präsent zu sein.

Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir wurden von einigen Grössen der Schweizer Tourismusbranche gefördert. Ganz besonders von Roland Zeller, dem Gründer des Reisebüros Travel.ch. Er hat schon früh das Online-Potenzial für den touristischen Bereich erkannt.

Was sind neue Ziele von GetYourGuide?
Wir wachsen momentan international recht schnell, und das wollen wir auch beibehalten. Es geht uns darum, die noch «freien» Auslandsmärkte als Erster zu besetzen. Unsere Website gibt es derzeit bereits in über 110 Sprachen. Momentan versuchen wir, uns auf dem australischen Markt zu positionieren.

Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Wohin geht der Internettrend in den nächsten Jahren?
Lokaler, mobiler und reibungsloser Zugang zu allen Services. Der Trend geht immer mehr zum mobilen Endgerät, und ich denke, wir können noch nicht mal erahnen, wohin uns dieser Weg führt. Das mobile Endgerät wird das neue Schweizer Taschenmesser für alle Lebensbereiche.

GetYourGuide ist für Sie in drei Worten?
Spannend, fordernd und innovativ.