Der Südtiroler Tausendsassa

Wem Thomas Pedevilla / Wo EDVARD im Palais Hansen Kempinski, Wien / Dekoriert 1 Michelin Stern, 2 Hauben & 16 Gault Millau Punkte

Ein junger Südtiroler setzt mit seinen alpin- und mediterran-inspirierten Gerichten neue Akzente im Michelin-Stern-Restaurant EDVARD in Wien. Im Palais Hansen Kempinski treffen nun Sardine, Melanzani und Puntarelle auf Wild, Schwarzwurzel und Brombeeren. Der 31-jährige Thomas Pedevilla verantwortet als Chef de Cuisine die kulinarische Linie des EDVARD und setzt dabei auf alpine Raffinesse gepaart mit mediterranem Flair. Für den gebürtigen Brunecker steht dabei das Produkt im Mittelpunkt. Qualität und Saisonalität sind für ihn stets ausschlaggebend: «Ich lasse mich gerne von der Natur und den Jahreszeiten in Europa inspirieren.»

Als Kind von Hoteliers kam der 31-Jährige schon früh in Kontakt mit der Gastronomie, und so wundert es nicht, dass er trotz seiner jungen Jahre bereits auf beachtliche Stationen verweisen kann. So sammelte er beispielsweise im Münchner «Tantris» ebenso Erfahrungen wie im «Ikarus» im Salzburger Hangar 7, wo er sich von hoch dekorierten, Gastköchen inspirieren liess. Pedevilla beherrscht das Spiel mit Aromen, und durch verschiedene Texturen erhalten seine Gerichte eine ganz besondere Spannung. Wir trafen Thomas Pedevilla im EDVARD in Wien und sprachen mit ihm über Street Food, Südtiroler Inspirationen und die Liebe zum Produkt.

Herr Pedevilla, was ist Ihnen wichtig beim Kochen?
Dass ich hochwertige Zutaten zu einer perfekten Kreation zusammenstellen kann. Ich investiere viel Mühe und Zeit, und das soll für den Gast zu schmecken sein.

Wie würden Sie Ihre eigene Küche beschreiben?
Alpin-mediterran.

Wie wichtig sind Ihre Südtiroler Wurzeln, und was ist eigentlich das Besondere an der Südtiroler Küche?
Die Südtiroler Küche ist ähnlich der italienischen Küche: unverfälscht, natürlich und einfach in der Zubereitung, aber trotzdem auf den Geschmack des Produktes konzentriert. Es gibt sowohl leichte Kost als auch richtige Festtagsessen zum Schlemmen.

Von wem haben Sie das Kochen gelernt?
Die ersten Handgriffe habe ich von meinen Grosseltern gelernt. Wir hatten einen Familienbetrieb, in dem ich schon früh mitgeholfen habe. Die echte Leidenschaft fürs Kochen habe ich dann von Hans Haas, Chef de Cuisine im Tantris in München, mitbekommen.

Welche Köche und welche kulinarischen Einflüsse haben Sie geprägt, und wen bewundern Sie?
Im Tantris konnte ich viel Erfahrung sammeln, weil es nach wie vor der Gourmettempel in Deutschland ist, wo einst mal Eckart Witzigmann gekocht hat. Am meisten geprägt hat mich wohl das Ikarus im Hangar 7, da der Ablauf viel fulminanter war: jeden Monat ein anderer Gastkoch und ein rascher Menüwechsel. Ich konnte unheimlich viel lernen.

Was macht gutes Essen aus?
Verschiedenste Komponenten in eine einzige tolle Kreation zu verwandeln und am Gaumen zu einer Geschmacksexplosion zu bringen.

Was ist Ihr persönliches Lieblingsgericht auf der aktuellen Karte des EDVARDs?
Die bretonische Sardine mit Puntarelle. Die Sardine hat einen festen Platz in meiner Küche. Das mag überraschen, weil die meisten sie nur in Öl eingelegt oder in Dosen konserviert kennen. Sie ist aber vielseitig einsetzbar, und die Zubereitungsmethoden sind meist sehr simpel, deswegen kommt sie bei mir auch sehr gerne zu Hause auf den Tisch. Puntarelle, auch Bergchicoree genannt, sind in Österreich ziemlich unbekannt. Sie sind im rohen Zustand sehr bitter, deswegen ist die Zubereitung extrem wichtig. Zu Schmorgerichten passen sie ideal, und ein Hauch Bitterkeit tut sehr vielen Gerichten gut, vor allem wenn Käse oder Butter im Spiel sind.

Ein Kochtrend, der in Ihren Augen völlig überbewertet ist?
One Pot Pasta ist meiner Meinung nach ein überbewerteter Kochtrend. Dabei werden die Nudeln nicht wie üblich separat in Salzwasser gekocht, sondern im selben Topf mit der Sauce, dem Gemüse etc. Leider nehmen sich viele Menschen durch die schnelllebige Gesellschaft keine Zeit mehr fürs Kochen und die schöne Arbeit, die hinter einem guten Gericht steckt.

Was kommt bei Ihnen nicht auf den Tisch?
Ich mag und probiere eigentlich alles. «Schmeckt nicht, gibts nicht», sage ich immer.

Ihre Lieblingszutaten? Was darf bei Ihnen nie fehlen?
Kalt gepresstes Olivenöl.

Auf welche Nahrungsmittel würden Sie nur ungern verzichten?
Frische Fische.

Stichwort Einfachheit – wie viele Aromen braucht ein guter Teller? Maximal drei Aromen. Ich liebe es, z. B. ein Gemüse auf verschiedene Arten zuzubereiten, einmal roh, als Püree, süss-sauer eingelegt …

Ist Kochen Kunst oder Handwerk?
Die Kunst ist, beides miteinander zu vereinen.

Was unterscheidet einen guten Koch von einem sehr guten Koch?
Dass sich seine eigene Note im Gericht widerspiegelt.

Was ist für Sie Kochen in drei Worten?
Liebe, Kunst, Handwerk

Was ist das köstlichste Gericht, das Sie je gegessen haben?
Ein «Cataplana» an der Algarve-Küste, das ist ein portugiesischer Eintopf mit Meeresfrüchten.

Fisch oder Fleisch?
Fisch

Süss oder Scharf?
Scharf

 Gibt es ein Gericht, das Sie am liebsten zubereiten?
Es gibt kein Gericht, das ich am liebsten zubereite, aber ich arbeite sehr gerne mit frischem Fisch.

Woher bekommen Sie Inspirationen für neue Rezepte?
Ich lasse mich bei meinen Gerichten gerne von den europäischen Jahreszeiten inspirieren, aber auch von Reisen in ferne Länder und vor allem von den typischen Märkten und Street Food.

Welches Land hat für Sie momentan die spannendste Küche?
Das ist eine Frage, über die man lange diskutieren kann. Viele Länderküchen, die hierzulande vertreten sind, haben sich an den europäischen Geschmack angepasst und haben in manchen Fällen gar nichts mehr mit dem originalen Geschmack bzw. der ursprünglichen Küche zu tun. Jede authentische Küche ist spannend und interessant und bietet Inspirationen.

Wenn Sie essen gehen – welche Küche bevorzugen Sie?
Ich gehe sehr gerne in italienischen Lokalen essen. Ich mag aber auch die asiatische Küche.

Ihr Lieblingsrestaurant in Wien?
Das Fabios. Ich war zwar bis jetzt erst einmal dort, aber es könnte zu einem meiner Lieblingslokale werden.

Ihr Lieblingsrestaurant weltweit?
Das Ikarus im Hangar 7 aufgrund des einzigartigen Gastkoch-Konzepts.

Was wäre Ihre Galgenmahlzeit?
Ein einfaches Pasta-Gericht