Ob in Blankeneeeese und Niensssteedten, in Wilhemsburg oder auf der Veddel, ob durch die Nase flötender Hanseat oder «gemeiner» Hamburger – diesen Abschiedsgruss haben sich alle zu eigen gemacht – kurz und knackig: «Tschüss!»

Text: Angelika Möller

Ebenso kurz und knackig die Begrüssung: «Moin» – und das zu jeder Tageszeit, da «Moin» nichts mit Morgen zu tun hat, sondern aus dem Plattdeutschen stammt und «gut» bedeutet. Früher wurde «moien Dag» (guten Tag) gewünscht und das Wort «moin» blieb übrig. Der Hamburger liebt es, mit wenigen Worten viel zu sagen, und so würde ein «Moin, Moin» schon als geschwätzig gelten. «Wat mutt dat mutt» ist Pflichterfüllung auch bei «Schietwetter». Der echte Hamburger nennt seine Stadt «Hamburch», sonst offenbart er sich als «Quiddje», der nicht in «der schönsten Stadt der Welt» gebürtig ist. Ja, der Hamburger ist stolz auf seine Stadt, das «Tor zur Welt», auf den Hafen mit den grossen «Pötten», die aus Hongkong, Buenos Aires und Südafrika kommen und Ladung aus der ganzen Welt an den riesigen Container-Terminals löschen. Nicht zu vergessen die Mega-Kreuzfahrtschiffe, die der City an manchen Tagen Tausende von internationalen Touristen bescheren.

Wer nach Hamburg kommt, will meist auch typisch Hamburgisch essen: Fischbrötchen am Hafen, Labskaus (am besten im Old Commercial Room) oder wenigstens die originalen Franzbrötchen vom Bäcker «om de Eck». Klar, dass der Hamburger auch weiss, dass es die weltbeste Currywurst nicht in Berlin, sondern in Hamburg an der Currybude «Mö» an der Mönckebergstrasse oder in der «Kleinen Rast» am Elbwanderweg gibt. Dazu ein Alsterwasser, das anderswo Radler genannt wird, oder ein süffiges Elbschloss-Bier oder ein inzwischen zum Kult-Bier avancierten «Astra».

«Es bleibt Hamburg, diese grossartige Synthese einer Stadt aus Atlantic und Alster, aus Buddenbrooks und Bebel, aus Leben und Leben-Lassen. Ich liebe diese Stadt mit ihren kaum verhüllten Anglizismen in Form und Gebärden, mit ihrem zeremoniellen Traditionsstolz, ihrem kaufmännischen Pragmatismus und ihrer zugleich liebenswerten Provinzialität.» (Helmut Schmidt)

All das geniesst der Hamburger bei einem «Klönschnack», bei dem man es gerne schnell auf den Punkt, d.h. «Butter bei die Fische», bringt. Daher auch «nicht lang schnacken, Kopp in Nacken» und runter mit dem Korn. Ein kurzes «Na denn man tau» (alles Gute) zum Abschied, ist fast schon eine Liebeserklärung. Ein Quiddje, der weiss, dass man «Die Rote Flora» nicht in Planten und Blomen findet, der «Dom» keine Kirche, «Die Grosse Freiheit» kein Versprechen ist und die «Schanze» nix mit Skifahren zu tun hat, bekommt ein knappes anerkennendes Nicken. Der waschechte Hamburger beschwert sich auch nicht ständig übers Wetter, denn Regen ist für ihn nichts anderes als nur feuchte Luft. Überhaupt hat der Hamburger rein gar nichts gegen Zugereiste, denn er gilt ja als weltoffen, tolerant und aufgeschlossen für Neues. Auch wenn alles, was südlich der Elbe ist, bereits als Norditalien bezeichnet wird.

Und wenn die Kräne in der Ferne den Horizont küssen und man selbst an der Hafenmauer lehnt, vergisst jeder Hamburger gerne, dass der Fischmarkt schon wieder überschwemmt ist, es wieder kein wirklicher Sommer war und die Mietpreise einfach unverschämt hoch sind. Ob ein derb humorvoller Aale-Dieter auf dem Fischmarkt, ein distinguierter Hanseat im noblen Überseeclub, die halbseidenen Damen von der Reeperbahn – alle lieben ihr Hamburch, «unsere Perle», und nehmen es recht gelassen, dass der Rest der Welt sie als «Fischköppe» oder «Muschelschupser» bezeichnet. Nur Fussball ist in Hamburg eine Frage der Ehre: Die einen schlafen in blauweisser Bettwäsche, hören Lotto King Karl und pilgern in Richtung Stellingen, während die anderen in Braun alles andere als braun sind und St. Pauli erbeben lassen.