Das weisse Gold: Salz ist ein lebenswichtiges Mineral, das in der Geschichte Macht und Reichtum bedeutete. Heute kennt man fast 14.000 Funktionen, die Salz für Menschen erfüllt. Eine davon ist, dem Leben Würze zu verleihen.
Jahrhundertelang war Salz eines der wertvollsten Güter. Das «weisse Gold» schuf florierende Städte und brachte Reichtum. Da Salz lebenswichtig ist, wurde es zu einer treibenden Kraft, fest verknüpft mit dem Lauf der Geschichte. Die militärische Sicherheit des Römischen Reiches hing von ihm ab. Legionäre wurden zum Teil in Salz ausbezahlt, woher der Begriff «Salär» stammt. Wer die Kontrolle über die Salzstrassen hatte, verfügte über grosse wirtschaftliche Macht. Viele der bedeutenden Strassen Europas und Asiens waren früher Salzhandelsstrassen. In der Sahara transportieren Händler Salz über dieselben Routen, die ihre Vorfahren schon vor tausend Jahren nutzten. Damals wurde Salz jedoch 1:1 mit Gold aufgewogen.
Erst mit der Industrialisierung wandelte sich das einstige Luxusgut zum billigen Alltagsprodukt. Noch in den 1990er-Jahren war Salz ein banales Produkt, chemisch gereinigt, standardisiert und als rieselfähiges Kochsalz im Handel. Der Mensch braucht Salz zum Leben und hat ein natürliches Verlangen danach. Jeder sollte pro Tag circa sechs Gramm zu sich nehmen. Gut, dass man es auf der ganzen Welt findet. Allein in den USA werden jährlich 46 Millionen Tonnen gewonnen.
Inzwischen ist einfach nur zu salzen jedoch wieder passé. Wie bei vielen Zutaten, die zu den Grundnahrungsmitteln zählen, wird die Rückbesinnung auf die Urform als kulinarische Neuentdeckung gefeiert. Und so ist Salz das neue Olivenöl, bei dem nichts über Vielfalt und Qualität geht. Die in den gehobenen Küchen verwendeten Salzarten dürfen und sollen ihren individuellen Charakter zeigen, um so den Geschmack von Speisen zur Vollendung zu bringen. Feinschmecker erliegen dem Charme der strahlend weiss, rosa, bräunlich, gräulich oder schwarz schimmernden Salzflocken aus aller Welt. Ihre Spur führt zurück zu den verschiedensten Orten des Erdballs. Indien liefert schneeweisses und pechschwarzes Salz, das sowohl in den heissen Küstenregionen als auch im Inland in Handarbeit gewonnen wird. In Frankreich wird die Salzblüte, die Fleur de Sel, dank Sonne und Wind wie vor über 3.000 Jahren mit Holzrechen geerntet. In Pakistan schlägt man das begehrte Mineral noch mühsam mit dem Pickel aus dem Berg. Für sein zartes Rosa ist Eisenoxid verantwortlich. Angeblich enthält Himalaya Salz alle chemischen Elemente im gleichen Verhältnis wie menschliches Blut und soll deshalb heilsam wirken. Und selbst aus einem unterirdischen, 280 Millionen Jahre alten Salzvorkommen in der Kalahari-Wüste im südlichen Afrika wird das Wüstensalz gewonnen. Frei von schädlichen Umwelteinflüssen wird den Kristallen, die Spurenelemente wie Magnesium und Phosphor enthalten, eine stärkende Wirkung auf das Immunsystem nachgesagt.
«Reichtum ist wie Salz – es würzt das Essen. Wenn es jedoch jemand versalzen hat, dann wächst der Durst.» (Rabbi Bunam von Pschischa)
Die in traditioneller Handarbeit hergestellten Natursalze sind geprägt von ihrer regionalen Herkunft. Sie unterscheiden sich in Alter, Farbe, Textur und Geschmack. Feinschmecker und Köche wissen den mineralischen, vulkanischen oder erdigen Geschmack zu schätzen. Diese Salze sind nicht immer preiswert, und ins Nudelwasser gehören sie allemal nicht. Man benutzt sie nur zum feinen Abschmecken von Speisen. Salz sorgt für magische Momente in der Küche.
Das teuerste Salz der Welt kostet übrigens pro Kilo 90 Euro und ist somit 200 Mal teurer als herkömmliches Salz. Es kommt von der dänischen Insel Læsø. Dänisches Salz hat eine lange Tradition. Bereits die Wikinger verstanden es, Meersalz herzustellen und zu veredeln. Auf Læsø wird das Salz auf überlieferte Art mittels Siedepfannen gewonnen. Dazu wird salzhaltiges Grundwasser aus Brunnen verwendet. Die Sole wird heute wie schon im Mittelalter aus künstlich angelegten Brunnen im Feuchtgebiet Rønnerne geholt. Bedingt durch geologische Gegebenheiten, Winterstürme und trockenes Klima gelangt viel Salz ins Grundwasser. Es kommt in grosse, über dem Feuer hängende Eisenpfannen und wird solange erhitzt, bis das Salz aus der Sole kristallisiert. Es obliegt dem Salzsiedemeister, stets für die richtige Temperatur in den Eisenpfannen zu sorgen. Das macht er mithilfe einer hölzernen Harke, die er durch die Sole zieht. Die exakte Temperatur ist für die Qualität des Salzes ausschlaggebend. Danach wird es in grosse Körbe geschaufelt, wo es vor dem Trocknen abtropfen kann. Jährlich werden so 60 Tonnen Salz in Handarbeit produziert. Nur ¼ der gesamten Produktion geht an Feinkostläden im Ausland. Der Rest wird in Skandinavien verkauft. Selten und lecker – das teuerste Salz der Welt.
Salz gibt dem Leben die richtige Würze und stimuliert zudem dieselben Hirnregionen wie einige Rauschmittel. Wenn man also Salz zu sich nimmt, schüttet das Gehirn Glückshormone aus.
«Salz ist von den reinsten Eltern geboren, der Sonne und dem Meer.» (Pythagoras)