Das Durchschnittsalter an Bord von Flusskreuzfahrtschiffen ist hoch, das ist kein Geheimnis. Schwimmende Altersheime werden sie daher auch gerne genannt und «MS» stehe angeblich für Mumienschlepper, wie mich eine Kollegin vor meiner fünftägigen Flusskreuzfahrt von Frankfurt nach Trier eindringlich warnt. Doch wer einem guten Tropfen nicht abgeneigt ist, vom Schiff aus den Blick auf die vorbeiziehende Landschaft geniesst und sich auch mal abseits der Rentnermassen bewegt, kann eine gute Zeit haben.

Unterwegs mit der Amadeus Star / Bild: Rivage Flussreisen

In weinseliger Stimmung auf Rhein und Mosel. Pittoreske Orte, schunkelnde Menschen und eine ganze Menge Buddha-Statuen.

Wein-Buddhismus
Während die meisten Passagiere bei unserem Landgang in Traben-Trarbach auf historischen Spuren aus der Blütezeit des Moselweins um 1900 wandern und an der Uferpromenade entlangspazieren, entdecken wir die Traben-Trarbacher Museumszeile. Hier gibt es ein Fahrradmuseum, ein Zeitreisemuseum, das in die 50er-Jahre entführt, und die Barockvilla Böcking, welche 20 Wohnräume der bürgerlichen Wohnkultur des 18. und 19. Jahrhunderts lebendig macht. Schon Goethe, der preussische König Friedrich-Wilhelm IV. und der französische Dichter Apollinaire waren hier zu Gast bei der Trarbacher Kaufmannsfamilie Böcking. Da die Zeit jedoch recht knapp ist, entscheiden wir uns für ein Museum ganz in der Nähe unseres Liegeplatzes und besuchen das Buddha-Museum, welches sich mit einer Fläche von gut 4.000 Quadratmetern in einem stattlichen Jugendstilbau befindet.

Blick auf die Mosel und Traben Trabach

 

Bevor es als Museum diente, beherbergte das Gebäude – wie es sich für diese Region gehört – eine alte Weinkellerei. Die alte Jugendstil-Weinkellerei «Julius Kayser» wurde vom Berliner Architekten Bruno Möhring erbaut, der dem gesamten Ort einige prächtige Jugendstilgebäude bescherte. Ein Buddha-Museum direkt an der Mosel ist schon ein wenig schräg, aber durchaus beeindruckend. Die über 2.000 Exponate stammen aus Indien, Afghanistan, Thailand, China bis Japan und Vietnam. Manche sind bis zu 1.700 Jahre alt. Es ist die Privatsammlung des verstorbenen Unternehmers Wolfgang Preuss. Das Museum ist eine wilde Sammlung fast aller buddhistischen Schulen und Epochen. Etwas, was man so an der Mosel nicht erwartet hätte.

Wein soweit das Auge reicht
Wein soweit das Auge reicht

 

Am Abend scheint Traben-Trarbach wie ausgestorben zu sein und so bleiben die meisten Mitreisenden an Bord und lauschen den Klavierklängen des osteuropäischen Alleinunterhalters. Wir hingegen ziehen es vor, noch einmal auf eigene Faust loszuziehen. Mit einer waschechten Pfälzerin im Schlepptau, die wie ein Bluthund sofort die Spur zu einem Weinfest aufnimmt, finden wir nach kurzer Zeit den etwas versteckten Hof des Winzers Caspari. Hier scheint sich der ganze Ort zum Feiern versammelt zu haben. Jung und Alt tanzen ausgelassen zur Musik einer einheimischen Coverband. Und auch bei uns fliesst bereits nach kurzer Zeit der gute Moseltropfen in die vom Mitsingen trockenen Kehlen. Das Schönste daran: Weit und breit ist kein anderer Tourist zu sehen.

Leichtmatrose
Rivage Fussreisen, ein Unternehmen der Knecht Gruppe, ist mit den modernsten Schiffen auf europäischen Flüssen unterwegs. An- und Abreise erfolgt mit der hauseigenen Eurobuss-Flotte, die während der gesamten Flussreise für Ausflüge zur Verfügung steht. Die MS «Emerald Destiny» und die «Amadeus Star» sind schwimmende luxuriöse Hotels für eine erholsame Flussfahrt auf Rhein, Main und Mosel.

Die deutsche schunkelnde Seele
Die Atmosphäre in Traben-Trarbach ist ganz anders als noch vor ein paar Tagen in der Winzerstadt Rüdesheim, wo mittelalterliche Burgherrlichkeit in enger Nachbarschaft mit Fachwerkromantik und eine Avenue stuckverzierter Hotelbauten der Jahrhundertwende Weinfreunde aus der ganzen Welt in Scharen anlocken. Im rheingauischen Rüdesheim strömen alle Besucher in die berühmte Drosselgasse. Die Drosselgasse mit ihren nur 144 Metern Länge ist ein Kessel Buntes voller Guter-Laune-Profis mit Volksmusik-Faible. Hier ist Schunkeln Tradition – die Geselligkeitsgymnastik der Rentner. Alljährlich drängen sich mehr als drei Millionen Besucher durch die Gasse «rheinischer Fröhlichkeit». Eigentlich hat auch dieser Ort jede Menge Geschichten zu erzählen, doch vieles geht in den Touristenmassen unter. Gerade in den Abendstunden schiebt man sich durch die Gassen, um irgendwo einen freien Tisch zu ergattern. Dabei thront hoch über der Stadt das Standbild der Germania. Von dort hat man einen weiten Blick in das Rhein- und Nahetal. Bis vor die Römerzeit reichen die Ursprünge der ersten Siedlung zurück und im Stadtteil Eibingen erhebt sich inmitten gepflegter Weingärten die Benediktinerabtei St. Hildegard, gegründet im 12. Jahrhundert von der heiligen Hildegard von Bingen. Nicht weit entfernt liegt die Gemeinde Assmannshausen. Sie ist die Heimat des weltbekannten Blauen Spätburgunders, der hier im Höllental seit über 500 Jahren gekeltert wird.

Früh am nächsten Morgen entdecken wir «Siegfrieds Mechanisches Musikkabinett» – ein echtes «Unikum». In dem Musikkabinett ist die weltgrösste Sammlung selbstspielender Musikinstrumente untergebracht: von der filigranen Spieluhr bis zum tonnenschweren Orchestrion. Das Motto «Ihre Augen werden Ohren machen» kann durchaus wortwörtlich genommen werden. Uns erwartet eine musikalische Zeitreise, die begeistert und Spass macht. Für das mittelalterliche Foltermuseum war leider keine Zeit mehr, denn unser Schiff nahm wieder Fahrt in Richtung Koblenz und Deutsches Eck auf – wo Vater Rhein auf Mutter Mosel trifft. Dem Zusammenfluss von Rhein und Mosel verdankt Koblenz übrigens seinen Namen – aus «Castellum apud Confluentes», lateinisch für «das Kastell bei den Zusammenfliessenden», wurde der heutige Name Koblenz.

Stadt, Land, Fluss …
Die Mosel ist mit einer Länge von 544 Kilometern der grösste Nebenfluss des Rheins und auch der zweitwichtigste Fluss in Deutschland. Sie entspringt nahe dem Col de Bussang in den südlichen Vogesen im Elsass auf 715 Metern Höhe und fliesst in einem kurvenreichen Flussverlauf durch Frankreich, Luxemburg, das Saarland und Rheinland-Pfalz, bis sie in Koblenz am Deutschen Eck in den Rhein mündet. Eine Moselfahrt ist geprägt durch hohe, steile Weinberge und kleine Winzerdörfer. Weinbau wird hier grossgeschrieben. Klar, dass eine Weinverkostung auch für uns ein absolutes «Muss» darstellt. Während der Weinprobe erfahren wir einiges über den Weinanbau und die harte Arbeit der Winzer. Die Weinregionen erstrecken sich an der Obermosel, Mittelmosel und Terrassenmosel und gehen dann weiter an Saar und Ruwer mit mehr als 5.000 ha geschlossener Riesling-Anbaufläche. Am schwierigsten ist die Lese am Bremmer Calmont. Mit einer Höhe von 380 Metern und einer Neigung bis zu 68 Grad gilt er als der steilste Weinberg Europas.

Die Weine aus dem Bremmer Calmont sind würzig, kraftvoll und purer Schiefer. Weinbau mit 65 Grad Steigung ist Weinbau auf der Rasierklinge.

Unterwegs fährt das Schiff an unzähligen Burgen, Schlössern und Burgruinen vorbei. Wahrzeichen von Cochem ist die Reichsburg Cochem, die etwa im Jahr 1000 erbaut wurde. Der Anblick oder vielmehr der Aufblick ist überwältigend – befindet sie sich doch auf einem Bergkegel 100 Meter über der Mosel und überragt dadurch das Städtchen Cochem. Cochem, Bernkastel-Kues und die Stadt Trier gehören zu den Highlights entlang der Mosel.

Cochem
Altstadt von Bernkastel-Kues
Die Porta Nigra in Trier

Fazit: Eine Flussreise entschleunigt! Der Blick vom langsam am Ufer entlanggleitenden Schiff auf die abwechslungsreiche Landschaft hat etwas Meditatives. Die Reise ist unserer Meinung nach wirklich eher für ein älteres Publikum geeignet. Praktisch ist jedoch, dass man mit dem fahrenden Hotel in relativ kurzer Zeit recht viel sehen kann. Allerdings ist wenig Zeit am jeweiligen Ort eingeplant. Zum Kennenlernen trotzdem perfekt, aber es bleibt der Wunsch, ein paar Stunden länger zu bleiben. Denn wer ab und zu mal seinen eigenen Weg geht und sich ein paar Insidertipps beschafft, wird unterwegs viele kleine skurrile Schatzkästchen entdecken.