Crazy Horse, Wild Bill Hickok, Calamity Jane, die Badlands, donnernde Hufe der Bisonherden sowie Cowboys und Indianer – in South Dakota ist der «Wilde Westen» noch lebendig.

Text: Yvonne Beck

Auftritt des Präriegiganten.  / Bild: shutterstock

Kevin Costners «Der mit dem Wolf tanzt» wurde in South Dakota gedreht, und darauf ist man mächtig stolz. Vor allem, da Costner von der Gegend und vor allem den Bisons so fasziniert war, dass er ihnen ein eigenes Museum errichtete. Das «Tatanka – Story of the Bison»-Museum liegt auf einem Hügel über Deadwood. Der Hollywoodstar zeigt hier eindrucksvoll die Traditionen der lokalen Indianerstämme sowie die «Büffelkultur».

«These Black Hills gave me the feeling I was a part of history.» (Kevin Costner)

Im Bann der Bisons: «Tatanka» bedeutet in der Sprache der Lakota-Indianer Bison, und so zeigt das Museum die tragische Geschichte der Büffel South Dakotas. Bis zu 60 Millionen der vor Kraft strotzenden Tiere sollen einst die Prärien Nordamerikas bevölkert haben. Indianer töteten in einem Jahr höchstens ein Drittel des jährlichen Zuwachses der Herden. Die Büffel lieferten ihnen alles für ihr Leben: Fleisch, Kleidung und ein Dach über dem Kopf (Fell), die täglichen Gerätschaften wie Kellen, Schaufeln, Nähfaden und Kultgegenstände für die traditionellen Riten ihrer Religion (Knochen, Sehnen etc.). Etwas mehr als 150 Jahre sind es her, da sahen die Siedlertrecks im Mittleren Westen vor lauter Tieren die Prärie nicht mehr. Manchmal benötigten sie Tage, um mit ihren Planwagen eine Herde zu durchqueren. Mit der Ankunft weiterer Einwanderer aus Europa änderte sich dieses jedoch schlagartig, denn Bisons waren das erste Zahlungsmittel der Indianer an die Weissen für Konsumgüter. Der König der Prärie wurde nun nicht mehr aus Notwendigkeit, sondern aus Profitgier geschlachtet. Und Weisse wie Indianer töteten mehr Tiere, als sich vermehren konnten. «Kill the buffalo, kill the Indian», lautete zudem der Leitspruch des Militärs. Den Indianern sollte so die Lebensgrundlage genommen werden. So schätzte man auf dem ganzen amerikanischen Kontinent um 1880 nur noch 1.000 Tiere. Bis auf wenige Exemplare wurden die Büffel Nordamerikas also ausgerottet. Inzwischen kehrt das Symboltier der Indianer und des Wilden Westens jedoch zurück.

Langsam erholt sich die Bison Popoluation. South Dakota hat eine der grössten Büffelherde der Welt in Staatsbesitz. Im Custer State Park leben rund 1300 Tiere.  / Bild: shutterstock

Deadwood ist jedoch nicht nur wegen des Bison-Museums einen Besuch wert. Deadwood war auch eine der wildesten Gold-Rush-Städte des Wilden Westens und sonnt sich noch immer in diesem Ruf. Die Stadt kann es bis heute mit jeder Westernkulisse aufnehmen. Nachdem 1876 hier Gold gefunden wurde, lebten kaum ein Jahr später 25.000 Menschen in dem Städtchen, von denen etwa 6.000 Goldgräber waren. Hier starben Wild-West-Legenden wie Wild Bill Hickock und Calamity Jane. Beide sind auf dem Mount Moriah Cemetery bestattet. Viele Saloons und Geschäfte in Deadwood wurden restauriert und verleihen dem Ort ein Wild-West-Flair vergangener Zeiten. Seit 1989 ist das Glücksspiel sogar wieder legalisiert. Und so laden rund 80 «historische» Spielhallen ein, sein Glück zu versuchen.

Die Goldgräberstadt Deadwood im Jahre 1876 / Bild: © Gallery of the Open Frontier

Ganz anders hingegen das Bild im Custer State Park.Hier finden Besucher 28.400 Hektar unberührte Natur und eine Menge wild lebender Tiere vor. Eine grosse Herde Bisons, Wild, Gabelböcke, Elche, Kojoten und Präriehunde streifen frei durch die Wälder und Prärie. Jeden Herbst, meist Ende September/ Anfang Oktober, werden im Custer State Park die Bisons zusammengetrieben, um Brandzeichen zu setzen, sie zu impfen und ihren Bestand zu überwachen. Ziel ist es, den Bestand stabil zu halten und eine Überweidung sowie Inzucht zu verhindern. Stolz ist man in South Dakota darauf, dass der Bundesstaat mit zirka 35.000 Bisons die grösste Population der nordamerikanischen Prärie-Büffel beheimatet. Allein im Custer State Park werden jährlich zirka 1.300 Tiere zusammengetrieben.

Jeden Herbst werden im Custer State Park in South Dakota die Bisons zusammengetrieben. Peitschenknall, mutige Cowboys und donnernde Hufe inklusive. / Bild: shutterstock

Bis zu 12.500 Zuschauer nehmen entlang der Zäune und auf den Hügeln an dem Spektakel teil, um live zu erleben, wie zirka 5.200 Hufe die Erde zum Beben bringen. Schon von Weitem kann man die riesige Staubwolke ausmachen. Treiber lassen ihre Peitschen knallen, Pferde scheuen vor ausscherenden Tieren, die ersten Reiter haben Schwierigkeiten, sich im Sattel zu halten. Ungefährlich ist das Ganze nicht. Nur erfahrene Cowboys dürfen daher am Viehtrieb teilnehmen. Immer wieder brechen einzelne Tiere aus der Herde aus – besonders die grossen Bullen haben es in sich. Trotz ihrer Masse sind sie blitzschnell und wendig, noch nicht mal Autos sind wirklich vor ihnen sicher. Ein ausgewachsener Bulle kann mit Leichtigkeit einen Pick-up umwerfen. Geschweige denn ein Ross mit Reiter. An erster Stelle steht daher stets die Sicherheit für Cowboy, Pferd, aber auch die Büffel. Es ist nicht immer einfach, den Überblick zu behalten, selbst wenn die zirka 60 Cowboys inzwischen von Pick-ups unterstützt werden. Aus dem Galopp der Bisons wird schnell eine «stampede», eine panische Flucht. Dabei können die Tiere leicht bis auf 50 km/h beschleunigen. Bisons sehen grasend recht gemütlich aus, doch es sind Wildtiere, die schneller als jedes Pferd und wendiger als jeder Jeep sind. Notfalls springen sie auch mal leicht über die Kühlerhaube oder die Ladefläche. Auch mit Kühen, die ihr Kalb beschützen wollen, ist nicht zu spassen. Bricht ein Tier aus, folgt ihm gerne eine ganze Gruppe. Bisons sind Herdentiere. Und immer wieder versuchen einige Bisons den Ausbruch, wollen einfach nicht durchs Gatter. Zum guten Schluss heisst es 3:1 für die Bisons, doch der Gesamtsieg geht schliesslich doch an die Cowboys mit fast 1.300 eingepferchten Bisons. Zur Belohnung gibt es einen zünftigen Chuckwagon-Lunch; Hauptbestandteil ist natürlich Bisonfleisch.

Nur die erfahrensten Cowboys dürfen am Buffalo Roundup teilnehmen. / Bild: shutterstock

Bisonfleisch liegt im Trend. Es ist zart, schmackhaft und cholesterinfrei. Deshalb werden jedes Jahr zirka 300 Bisons an Züchter, Zoos und Schlachthäuser versteigert. Die anderen Tiere kehren in die Wildnis zurück. Bis zum nächsten Round-up wird die Herde wieder auf 1.500 Tiere angewachsen sein.

«les mauvaises terres à traverser»

Doch South Dakota hat noch viel mehr zu bieten als Bisonherden und Wild-West-Mythos. Ob das grösste Biker-Treffen der Staaten, die längste Höhle der Welt oder die «heiligen» Black Hills mit ihren Präsidentenköpfen – an Sehenswürdigkeiten mangelt es dem Staat nicht. Und auch die zerklüfteten Felsen der Badlands sind gerade bei Sonnenaufgang und -untergang ein imposanter Anblick. Diese eindringliche und wunderschöne Landschaft steigt urplötzlich aus der umliegenden Prärie auf. Die Badlands sind ein geologisches Wunder, das aus steilen Bergen, Canyons und Rinnen besteht, die über viele Millionen Jahre hinweg durch Erosion entstanden sind.

Die raue, wilde Schönheit der Badlands – Zeugnisse der Erosion. / Bild: shutterstock

Der Name «Badlands» stammt von den Lakotas, die diese Gegend «mako shika», das «schlechte Land», nannten, und auch für die französisch-kanadischen Pelzhändler war es «les mauvaises terres à traverser», das «schlecht zu durchreisende Land» – für heutige Besucher ist es eher ein Wunderland oder wie Frank Lloyd Wright es beschrieb ein «unbeschreibliches Mysterium, eine endlos übernatürliche Welt». Geformt von der Natur, entstanden durch Ablagerung und Erosion, sind die 983 Quadratkilometer der Badlands ein Labyrinth voller Bergrücken, Schluchten, Hügel, Abhänge und Bergspitzen. Eine karge und zugleich atemberaubend schöne Landschaft. Wer hätte gedacht, dass das «Unsere kleine Farm»-Land von Laura Ingalls so viel zu bieten hat?