Tierschutz erachten viele Menschen zu Hause als selbstverständlich. In den Ferien kann es jedoch leicht passieren, dass man unfreiwillig mit Tierschutzproblematiken in Berührung gerät. Wir sprachen mit Suzy Utzinger, Geschäftsführerin der Susy Utzinger Stiftung für Tierschutz (SUST), über Nachhaltigkeit und falsche Tierliebe am Ferienort.
Was macht die Suzy Utzinger Stiftung alles?
Die Hauptaufgaben der Stiftung bestehen in der Verbesserung der Qualität von Tierheimen und Tierschutzprojekten im In- und Ausland. Im Dialog mit den betroffenen Tierschützern gehen wir die Restrukturierung von Tierheimen, Beratung für Aufbau und Führung von Tierschutzprojekten sowie die Weiterbildung von Fachleuten an. In vielen Fällen leisten wir Direkthilfe. Die SUST leistet Erste-Hilfe-, Arbeits- und Kastrationseinsätze, wo es dringend nötig ist, bietet Aufklärungsarbeit und Weiterbildung im Tierschutz und stellt Tierheime im In- und Ausland auf eigene Beine und macht sie zu wertvollen Übergangsheimen für herrenlose Tiere. Zusammengefasst: Wir setzen uns für eine nachhaltige Verhinderung von Tierleid ein, und zwar auf den Säulen der Soforthilfe, Aus- und Weiterbildung von Fachkräften, Kastrationseinsätzen und Aufklärung der Bevölkerung.
Welche Tiere landen besonders häufig im Tierheim?
Das kommt sehr auf das Land und die Region an. Aber hauptsächlich sind es wohl Hunde und Katzen. In Deutschland und der Schweiz sind es vermehrt auch Kaninchen und Meerschweinchen.
Merkt man in Tierheimen, wann die Ferien anfangen?
Ja, gerade in bzw. kurz vor den Ferien merken viele Menschen, dass sie sich ein Tier unüberlegt angeschafft haben. Aber auch nach den Ferien herrscht Hochsaison, da Tiere aus Ferienländern mitgebracht wurden und zu Hause gemerkt wird, dass man mit dem Tier gar nicht zurechtkommt und keine Kapazität im Alltag hat für ein Tier. Diese Tiere landen dann auch im Tierheim.
Wie kommt es, dass Sie so viel im Osten arbeiten?
In Rumänien und Ungarn sind die Menschen eigentlich sehr tierlieb. Aber wir müssen hier viel Aufklärungsarbeit leisten und Kastrationsaktionen durchführen, um der massiven Überpopulation an Strassenhunden Herr zu werden.
Wer kann wie helfen? Können «Laien» nur mit Geldspenden helfen?
Geldspenden sind immer wichtig. Laien können vor allem, indem sie zu Profis bzw. Semiprofis werden. 50 Prozent des Tierleids entsteht aus selbsternannten Tierschützern, die es eigentlich gut meinen, aber im Grunde genommen das Tierleid nur vergrössern.
Können Sie mir hier ein Beispiel nennen?
Es gibt ganz viele Beispiele. Ganz schlimm sind aber Massentierimporte und unüberlegte Tierrettungsaktionen. Seriöse Tierplatzierung ist mit einem extremen Zeitaufwand verbunden, den nur die wenigsten leisten können. Tiere sind keine Wanderpokale! Bevor man ein Tier aufnimmt, muss man es immer erst kennenlernen und sich sehr genau überlegen, ob ein Zusammenleben funktionieren kann.
Woran erkennt der Laie, ob ein Tierschutz seriös ist?
Tierschutz ist ein sehr dehnbarer Begriff. Für mich sind Nachhaltigkeit und seriöse Vermittlungen die wichtigsten Faktoren im Tierschutz.
Was Touristen als reizvolle Ferienattraktion erscheint, ist oftmals für Tiere mit Qualen verbunden. Was können Feriengäste vor Ort für den Tierschutz tun?
Touristen können unheimlich viel für den Tierschutz vor Ort tun. Man muss sich seiner Macht bewusst sein. Oberste Regel: «Kein Geld für Tierquäler.» Das fängt an bei Tiershows, Fotos mit Tierbabys und geht weiter bis zu Reitausflügen. Bitte ganz genau den Anbieter prüfen und checken, wie die Tiere gehalten werden. Und wenn sie schlecht behandelt werden, sollte man die Anbieter dieses wissen lassen. Man muss die Menschen wissen lassen, dass sie kein Geld bekommen, so lange sie die Tiere schlecht behandeln.
Worauf sollte man noch achten?
Sehr problematisch ist es, Tiere auf Touristenmärkten zu kaufen. Dadurch wird eine unglaubliche Maschinerie aus Tierleid angekurbelt. Tiere werden regelrecht produziert in schrecklichen Welpenfarmen.
In vielen Ländern gibt es streunende Hunde und Katzen. Sollte man diese füttern, oder wie hilft man besser?
Das Problem hierbei ist: Die Tiere werden nur in der Saison von Touristen gefüttert. Sobald die Gäste weg sind, müssen viele Tiere verhungern oder es kommt zu sehr grausamen «Säuberungsaktionen» in den Resorts und Anlagen.
Wie verhält man sich als Tourist angesichts Tierquälereien im Ausland am besten?
Wenn man kann, dann sollte man es dokumentieren. Zudem sich beim Hoteldirektor oder Tourismusamt beschweren. Je mehr Reklamationen kommen, je eher passiert etwas. Wir geben hierzu die Broschüre «Tierschutz am Ferienort» heraus, die man kostenlos bei uns anfordern kann.
Sollte man Länder, die massiv gegen den Tierschutz verstossen, boykottieren?
Die meisten möchten in ihren Ferien entspannen, wer kann jedoch entspannen, wenn man auf Schritt und Tritt von Tierleid verfolgt wird? Ja, ich denke, man sollte solche Länder boykottieren, damit sie die Folgen spüren und so vielleicht umdenken.
Wir sprechen die ganze Zeit vom Ausland. Wie ist es mit dem Tierrecht bei uns bestellt?
Das ist eine sehr gute Frage, denn bei uns ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Es finden sehr viele Verstösse statt, allerdings versteckter. Wir haben eine grosse Überpopulation an Katzen, und es gibt sehr viele gross angelegte Tötungsaktionen von jungen Katzen. Also auch bei uns heisst eins der grössten Probleme fehlende Kastration.