Das 1988 gegründete Weingut Bremerton wird in zweiter Familiengeneration durch die Schwestern Rebecca und Lucy Willson geleitet. Sie produzieren im fruchtbaren, südaustralischen Langhorne Creek international prämierte Weine. Im Jahre 1997 brachte Rebecca ihren ersten Bremerton-Rotwein auf den Markt, einen Cabernet Sauvignon, der umgehend zum drittbesten Australiens gewählt wurde. Seitdem sind die beiden Schwestern auf Erfolgskurs und machen Bremerton zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Weingüter in Südaustralien. Wir trafen Rebecca Willson auf einem Moevenpick Wine & Dine Event im Aura in Zürich und sprachen mit ihr über die Kunst der Weinherstellung und den Unterschied zwischen europäischen und australischen Weinen.
Text: Yvonne Beck
Frau Willson, wie sind Sie Winzerin geworden?
Ich habe auf der Universität Marketing studiert. Meinen Abschluss machte ich in Wein-Marketing. Durch Umfragen rund ums Thema Wein und ihre Auswertung kam ich das erstmals intensiv mit Wein in Berührung. Da meine Familie in eine Weinregion zog, tauchte ich immer tiefer in die Welt des Weines ein. Ich verabschiedete mich jedoch schnell vom Marketing-Aspekt und interessierte mich mehr für die Herstellung. Meine Schwester Lucy ist für das Marketing zuständig und ich für die Produktion.
Die Region, aus der Ihr Wein stammt, heisst Langhorne Creek, Ihr Nachname ist Willson; warum heisst das Weingut Bremerton?
Unser Anwesen hiess Bremerton Lodge, mit einem wunderschönen Gebäude aus dem Jahre 1850 – was für Australien wirklich alt ist. Und da es bereits eine australische Winzerfamilie mit dem Namen Willson gibt, haben wir uns für Bremerton als Brand entschieden.
Wie würden Sie Ihre Weinregion beschreiben?
Südaustralien ist das Hauptanbaugebiet für Wein in Australien. Jede Region Südaustraliens hat ihren ganz eigenen Charakter. In Langhorne Creek haben wir zum Beispiel ein ganz spezielles Klima. Das flache, ausserordentlich trockene, jedoch fruchtbare Tal gilt seit einigen Jahren als die Top-Upcomer-Region Australiens. Hier wird bereits seit 1850 Wein angebaut. Seine einzigartige Lage und die frischen Brisen des Lake Alexandrina fördern ein Mikroklima aus mild-warmen Sommertagen und kühlen Abendstunden. Langhorne Creek ist wie gemacht für die Exploration des perfekten intensiven Geschmacks lang reifender Früchte mit Kühlklima-Aromen. Unsere Weine haben eine grosse Finesse und Eleganz. Zudem liegt Langhorne Creek am Fusse eines «Berges» oder besser gesagt «Hügels», zwischen zwei Flüssen, und die Erde, auf der unsere Reben wachsen, ist ein sehr alter natürlicher Boden. Die Beschaffenheit der Böden, die aus angeschwemmtem Lehm bestehen, bilden die ideale Beschaffenheit für die dort angebauten Rebsorten.
Was ist die wichtigste Traube in Australien?
Shiraz. Ich denke Shiraz wird mengenmässig am meisten angebaut und auch exportiert. Unsere Geschichte jedoch fusst auf Cabernet Sauvignon.
Welche Rebsorten bauen Sie an?
Neben den Rebsorten Cabernet und Shiraz bauen wir auch sehr viel Malbec und Merlot an. Beim Weisswein bauen wir Chardonay und Sauvignon Blanc sowie Petit Verdot an. Zudem bauen wir Fiano, eine italienische Traube, Vermentino und Tempranillo an.

Und was ist Ihre Lieblingstraube?
Das ist schwierig zu sagen. Als Winzerin sollte man keinen Liebling haben. Das ist wie bei den eigenen Kindern, aber bei den weissen Trauben würde ich Fiano wählen und bei den roten Trauben Cabernet oder Malbec.
Was ist das Typische an südaustralischem Wein?
Der Wein ist sehr geschmacksgewaltig. In den letzten 20 Jahren hat sich die Weinindustrie Australiens verändert. Wir hatten schon immer kräftige, gehaltvolle Weine. Heute ist man jedoch in der Lage, den Geschmack besser zu kontrollieren und zu bändigen. Unsere vielen Sonnenstunden machen den Unterschied: Im Vergleich zu europäischem Wein ist unser Wein sicher wuchtiger, aber inzwischen haben wir gelernt, ihm trotzdem eine gewisse Eleganz und Finesse zu verpassen.
Wir haben in Europa sehr gute Weine. Warum also Wein um die halbe Welt verschicken, um hier einen australischen Wein trinken zu können?
In Australien haben wir Weine, die können in Europa einfach nicht produziert werden. Wer verschiedenen Wein und auch mal einfach etwas ganz anderes kosten will, kommt an australischem Wein nicht vorbei. Durch unseren Boden und unser Klima produzieren wir einen sehr charakteristischen Wein. So einen würden sie unter Schweizer oder deutschen Weinen einfach nicht finden. Ich zum Beispiel liebe europäische Weine. Natürlich trinke ich zu Hause meist australischen Wein, aber manchmal habe ich Lust auf etwas ganz anderes und dann greife ich auf einen deutschen Riesling zurück. Ich liebe die Vielfalt und geschmacklich erforsche ich gerne die unterschiedlichsten Regionen und Länder.
Wie gross ist Ihr Weingut?
Wir besitzen 300 Hektar. Das ist auch für Australien recht gross. In Australien bauen viele Familien Wein an, aber stellen keinen eigenen Wein her, sondern verkaufen die Trauben an andere Winzer. Auch wir verkaufen einige unserer Trauben, aber den grössten Teil verwenden meine Schwester und ich zur Produktion unserer eigenen Weine.
Wie viele unterschiedliche Weine produzieren Sie?
Ungefähr 20 verschiedene Sorten inklusive der Sparkling Wines.

Und wie viel exportieren Sie und wie viel bleibt in Australien?
Wir exportieren zirka 30 Prozent. Davon geht der grösste Anteil nach Deutschland und in die Schweiz. Moevenpick ist einer unserer grössten Export-Partner. Zudem haben wir gerade einen sehr grossen Kunden in Brasilien. England ist einer unserer ältesten Märkte, aber dieser Markt stagniert stark. Zudem sind Singapur und China wachsende Märkte. Der heimische Markt ist aber mit Abstand der grösste.
Welcher nicht australische Wein ist Ihr Lieblingswein?
Mein Mann stellt Grünen Veltliner in Australien her. Wir trinken daher häufiger Grünen Veltliner aus Österreich oder überhaupt österreichischen Wein. Zudem gibt es sehr viel deutschen Riesling in unserem Weinkeller – von diesen Weinen können wir noch viel lernen. Doch ich bin viel zu neugierig, um mich auf eine bestimmte Sorte zu beschränken. Trocken oder fruchtig, rot oder weiss – ich kann wirklich nicht sagen, was ich bevorzuge. Es gibt nur eine Ausnahme: Champagner – bei einem guten Champagner werde ich immer schwach. Dafür lasse ich fast alles stehen!
Kann man für 10 bis 15 Euro bereits einen guten australischen Wein im Supermarkt kaufen?
Ja! In Australien auf jeden Fall! Und ich denke auch in Europa. In der Schweiz sind die Preise jedoch etwas höher angesetzt. Es gibt jedoch leider auch Weine, die eigentlich nicht in eine Flasche gehören. Nichtsdestotrotz gibt es jedoch Produzenten, die für jeden Geldbeutel einen guten Wein produzieren können. Es gibt australischen Riesling für bereits umgerechnet zehn Euro, dieser ist einfach grossartig. In Frankreich hingegen muss man mindestens 50 Euro für die gleiche Qualität ausgeben.
«Bei einem guten Champagner werde ich immer schwach. Dafür lasse ich fast alles stehen!»
Was macht einen guten Wein aus?
Zuerst einmal der Ort, an dem er gewachsen ist. Der richtige Boden und das richtige Mikroklima sind wichtige Grundkomponenten. Ohne diese sieht es auch für den begabtesten Winzer schlecht aus. Dann benötigt man jemanden, der sich wirklich gut mit den verschiedenen Pflanzen und Trauben auskennt. Jemanden, der einen Weinberg managen kann. Ich denke, dieses sind die Grundbausteine eines guten Weines. Alles andere kommt aus Erfahrung.
Kork oder Schraubverschluss?
Beides. Es kommt immer auf das Produkt an. Bei unseren Premium-Weinen benutze ich immer Kork. Sie entwickeln sich in der Flasche. Eine schnellere und bessere Entwicklung erfahren sie meiner Meinung nach mit einem Korkverschluss. Ein Schraubverschluss verlangsamt die Reifung. Aber es ist keine einfache Entscheidung. Für den europäischen Markt und Moevenpick verwende ich meist Korkverschlüsse. Der heimische Markt verlangt jedoch eher Schraubverschlüsse. Ich mag Korkverschlüsse. Wer seinen Wein verkorkt, setzt ihn einem Risiko aus, so die Meinung der Australier. In Asien und Europa hingegen steht Kork für Qualitätswein.
Was trinken Sie, wenn es keinen Wein gibt?
Das ist einfach: Gin! Gin und Tonic passt fast immer.
Alle reden vom Klimawandel. Hat das einen Einfluss auf Ihre Arbeit?
Wir haben definitiv einen Klimawandel zu befürchten, auch wenn 2017 eins der kühlsten Jahre seit Langem war. Wir sind jedoch in der glücklichen Lage, dass Langhorne Creek immer etwas kühler ist als andere Weinanbaugebiete. Viele Weinbauern schauen sich bereits nach alternativen Anbaugebieten um und investieren in neue Gebiete in Tasmanien. Tasmanien hat ein kühleres Klima und schon jetzt produzieren sie recht ordentlichen Pinot und Chardonay.

Was trinken Sie lieber: Rot- oder Weisswein?
Ich stelle mehr Rotwein als Weissen her. Aber ich trinke sehr gerne Weisswein. Doch es kommt immer auf die Umgebung und die Jahreszeit an.
Ein guter Winzer braucht ..?
Eine gute Sensorik. Meine Geschmackserinnerung ist nicht die beste. Es gibt Menschen, die nach fünf Jahren noch genau sagen können, was sie getrunken haben und wie ein bestimmter Wein geschmeckt hat. Das kann ich nicht, aber meine Sensorik ist sehr gut. Zudem habe ich eine riesige Leidenschaft für Wein. Ich liebe Wein und habe eine lange Geschichte mit unseren Reben. Ich kann sie somit sehr gut verstehen, weiss, wann und warum sie wie reagieren. Das ist extrem wichtig für einen Winzer!
Wein ist für Sie in drei Worten …
It’s my Life! Wein ist mein Leben!