Historische Postkarten, Nierentische, staubige Dosen, eine angelaufene 20er-Jahre-Brosche, ein Schuhkarton voller Schwarz-Weiss-Fotografien, ein in Öl gemaltes Bergpanorama, Modeschmuck aus Bakelit oder alte Leinenwäsche. Flohmarktfunde sind das Tor in die Vergangenheit, und irgendwas kann man immer gebrauchen.

Die Angeklagte befindet sich schuldig. Schuldig im Sinne der Anklage. Schuldig süchtig zu sein, süchtig nach Flohmärkten. Es gibt nichts Schöneres, als auf Antikmärkten zu stöbern und alte Objekte mit Geschichte zu entdecken. Objekte aus längst vergangenen Epochen. Objekte, die ein neues Zuhause suchen, in dem sie geschätzt und geliebt werden. Ein Flohmarktbesuch ist wie eine kleine Schatzsuche, man weiss nie, was einen erwartet, umso glücklicher schätzt man sich, wenn man fündig wird. Der Winter war lang und beschwerlich – die Flohmarktsaison beginnt in den meisten Städten im Frühjahr und endet im Herbst. Aber nun ist es wieder so weit: Die Schatzjagd kann beginnen. Es wird geredet, gelacht und gefeilscht. Teure Antiquitäten reihen sich neben Krimskrams aus aller Herren Länder.

Tüpflischiisser-Wissen

Die Herkunft des Begriffs «Flohmarkt» wird auf Paris zurückgeführt. Seit dem späten Mittelalter war es in Paris üblich, dass Lumpenhändler die alte Kleidung der reichen Bürger abkauften, um diese weiterzuverkaufen. Aufgrund der hygienischen Bedingungen wurde die Kleidung des Öfteren auch mit dem ein oder anderen Floh verkauft. Nach einer grossen Flohplage verbannte die Stadt die Händler in den Norden von Paris auf den «Marché aux Puces», was übersetzt Flohmarkt bedeutet.

Paris
Mit 12.000 Quadratmetern und 3.000 Ständen ist der «Marché aux Puces de Saint-Ouen» einer der grössten Flohmärkte der Welt. Am nördlichen Stadtrand von Paris, im 18. Arrondissement, finden Besucher auf einer knapp 15 Kilometer umfassenden Strecke alles, was das Herz begehrt. Jedes Jahr kommen bis zu elf Millionen Besucher auf der Suche nach Kleidung, altem Schmuck, Kunstwerken, Möbeln oder einfach nur Nippes. Der Markt ist in 15 verschiedene Teilbereiche unterteilt, was das Stöbern erleichtert, darunter der traditionelle «Marché Jules Vallès» mit Einzelstücken wie Bronzefiguren und alten Waffen, der «Marché Biron» mit Möbelstücken, Schmuck und Kunst aus dem 17. Jahrhundert sowie der «Marché Malik», der vor allem Secondhand-Kleidung anbietet. Ansonsten stösst man auf das typische bunte Wirrwarr aus alten Spiegeln, wackeligen Fensterläden mit abgeblätterter Farbe, Stühlen mit zerschlissenen Samtbezügen, alten Gemälden und Büchern.

Die Geschichte des Marché aux Puces de Saint-Ouen geht bis in das Jahr 1885 zurück, als sich auf dem ersten Teil des Marktes, dem «Marché Vernaison», die ersten Händler trafen.

Belgien
Neben Frankreich gilt Belgien als traditionelles Ursprungsland der Trödelmärkte. Allein in Brüssel laden regelmässig zwölf Flohmärkte zum Bummeln und Stöbern ein. Einer der schönsten und ältesten Märkte befindet sich am «Place du Jeu de Balle». Seit 1873 bieten Händler hier täglich bis zum frühen Nachmittag ihre Ware zum Kauf an. Gelegen in der Marolles – dem einstigen Armenviertel Brüssels – spiegelt sein Angebot auch heute noch das Nebeneinander von Arm und Reich wider. Hier kann man alles finden, was das Herz begehrt: Gemälde, Spielsachen, Porzellan und Möbel aus diversen Stilepochen. Dementsprechend gross ist auch die Preisspanne. Manche Dinge kosten nur ein paar Cent, andere dagegen ein paar Tausend Euro. Aber auch in Tongeren, der ältesten Stadt Belgiens, herrscht sonntagmorgens geschäftiges Treiben. Für den grössten regelmässigen Antiquitätenmarkt der Beneluxländer stellen circa 350 Stände und 40 Antiquitätengeschäfte ihre schönsten Waren aus. Die komplette Altstadt verwandelt sich in ein Mekka für alle, die alte Dekorationsgegenstände, Lampen und Möbel lieben.

Italien
Seit über 70 Jahren existiert der grösste Flohmarkt der italienischen Hauptstadt, die «Porta Portese». Er entstand nach dem Zweiten Weltkrieg als «Schwarzmarkt der Römer». Es gibt nichts, was es hier nicht gibt! Von Kleidung über Ramsch, Haushaltswaren, Spielzeug, Fahrräder, Elektronik, Deko-Artikel und Möbel bis hin zu Gemälden oder Werkzeugen. Es heisst sogar, wem etwas gestohlen wurde, der habe gute Chancen, es auf der Porta Portese wiederzufinden. Einer der charmantesten Flohmärkte des Landes findet in der kleinen Stadt Lucca, im Nordwesten der Toskana, statt. Tausend und Abertausende Dinge warten in den vielen kleinen Gassen der Stadt auf Käufer: altertümliche Ohrensessel, Körbe von Olivenpflückern, Tabletts, Mörser aus Carrara-Marmor, Kühlschränke aus den 50er-Jahren, Orden aus dem Ersten Weltkrieg, Wäsche aus dem 19. Jahrhundert, Postkarten von Anno dazumal und antike toskanische Kacheln. Der Flohmarkt findet einmal im Monat statt, am dritten Samstag und Sonntag des Monats.

Deutschland
Zweimal im Jahr verwandelt sich Nürnbergs Innenstadt zu einem Paradies für «Trempler» und Feilscher. Der Trempelmarkt ist der grösste Innenstadt-Flohmarkt Deutschlands. Die über 2.000 Händler verkaufen nicht nur tagsüber, sondern auch bis in die späten Abendstunden hinein. Ebenfalls etwas ganz Besonderes ist der Flohmarkt Konstanz/Kreuzlingen. Unter dem Motto «24 Stunden, 9 Laufkilometer, 2 Länder und 1 Flohmarkt» findet hier einmal jährlich einer der schönsten Flohmärkte des Vierländerecks statt. Rund 1.000 Stände ziehen inzwischen Menschen aus aller Welt an. Neben vielen klassischen Flohmarktständen gibt es auch einen reizenden Sondermarkt für Selbstgemachtes.

Wirklich edler Trödel wird auf dem Flohmarkt am Turmweg im Hamburger Stadtteil Rotherbaum angeboten. Zweimal pro Jahr werden hochwertige Ware, Antiquitäten und zahlreiche Raritäten aus dem Privatbestand der Händler hier verkauft. Mitzubringen ist vor allem Ausdauer beim Feilschen, denn die Stücke haben ihren Preis. Auch in Berlin wird getrödelt, was das Zeug hält. Insgesamt gibt es über 50 regulär stattfindende Flohmärkte. Einer der schönsten und interessantesten ist der Kiez-Flohmarkt auf dem Arkonaplatz. Hier finden Schatzsucher Antikes, DDR-Nostalgie und typische Vintage-Artikel, die aufgrund der vielen Touristen leider inzwischen auch ihren Preis haben.

Schweiz
Le Landeron gilt als «Stadt der Antiquitäten», denn hier reihen sich Geschäfte mit Antiquitäten und Kunsthandwerk sowie Kunstgalerien aneinander. Einmal im Jahr verwandelt sich das Örtchen jedoch zu einem riesigen Trödelparadies. Zur «Fête de la Brocante», jeweils am letzten September-Wochenende, kommen über 300 Händler und 100.000 Sammler und Nostalgiker zum Feilschen und Verkaufen. Der grösste Antiquitätenmarkt findet in der Schweiz bereits seit 1974 an den Ufern des Bielersees statt. Die beste Chance für Schnäppchen besteht am Freitag, wenn die Händler ihre Stände gerade erst aufbauen.

Finnland
Kirppis heisst auf Finnisch Flohmarkt. Das Wort wird locker verwendet und kann sich sowohl auf einen kleineren Secondhand-Laden, einen Pop-up-Markt als auch einen etablierten Flohmarkt beziehen. Finnland hat eine lange Flohmarkttradition, und ein lokaler Favorit ist Hietalahti, ein Freiluftmarkt am Meer im Süden Helsinkis. In den Sommermonaten ist er täglich geöffnet, und immer ist einiges los. Freunde und Familien kommen in Scharen, vor allem an den Wochenenden, und bauen ihre Stände auf. Verkauft wird alles Mögliche, von kaum gebrauchter Kleidung und Haushaltsgegenständen bis hin zu echten Vintage-Schätzen und Antiquitäten. Zweimal im Jahr wird in Helsinki zudem zum «Grossreinemachen» aufgefordert. Anlässlich des Siivouspäivä (Putztag) wird ein stadtweiter Flohmarkt abgehalten. Jeder kann überall in der Stadt einen Stand aufbauen, um an diesem fantastischen Fest mitzuwirken.