Züri unter der Discokugel
Zürich bietet unzählige Gelegenheiten das Tanzbein zu schwingen und sich von wummernden Beats berauschen zu lassen. Die Stadt bringt ständig neue Locations hervor. Orte mit Charme und dem gewissen Etwas an denen man die Nacht durchtanzen kann.
Text: Yvonne Beck
«Totgesagte leben länger.», so könnte das Motto der Zürcher Clubszene lauten. Als vor vier Jahren das Oxa in Oerlikon schloss brach für viele Clubber eine Welt zusammen und auch die Toni-Molkerei, die Dachkantine, das Rohstofflager und das Areal sind längst Geschichte und zu Legenden geworden. Aber sie lebt, die Zürcher Clubszene. Nur eben anders und woanders als früher. So ist es an der Förrlibuckstrasse sehr ruhig geworden, das Nachleben pulsiert nun weiter Richtung Innenstadt an der Geroldstrasse mit den Clubs Hive, Supermarket und Helsinki. Lange Zeit musste man auch um diese Clubs fürchten, denn die Stadt hatte sich Teile des Landes an der Geroldstrasse einverleibt und wollte dort bauen. Doch die Pläne wurden über den Haufen geworfen. Für das Hive und den Supermarket heisst das: Party on. Der Supermarket hat erstmal einen neuen Vertrag bis 2018 erhalten

Ein Kessel Buntes im Kreis 5
Der Supermarkt ist länger im Kreis 5 aktiv als alle anderen Nachtbetriebe. Seit 1998 prägt er das Nachtleben an der Limmat. Sich stets treu geblieben umgibt ihn der Charme aus Zürcher Underground und internationalen topbesetzten Line Ups. Die ehemals alte Autogarage macht Züri West zu einem aufregenden Mini-Universum elektronischer Musik. Das Schweizer Nachtleben ist also alles andere als langweilig. In Zürich legen grosse Namen auf, denn die Betreiber lassen es sich einiges kosten, um die Clubs zu füllen. Natürlich kann Zürich bezüglich Grösse nicht mit Metropolen wie Berlin, Paris oder London mithalten, doch hat es eine der grössten Clubdichten Europas. Das Nachtleben ist immens facettenreich und einige Clubs beweisen, dass Mut und Kreativität sich auszahlen und sich für innovative Ideen immer noch ein Plätzchen findet. So zum Beispiel das Helsinki, ganz in der Nähe des Supermarkts. Ihm gemeinsam ist jedoch nur, dass auch das Helsinki mal eine Autogarage war. Heute ist es der angesagteste Club der Alternativ-Music-Szene. In den kleinen Räumlichkeiten kommen sich Band und Publikum ganz nah und feiern in sehr persönlicher Atmosphäre das Leben und die Musik.

Vom Geheimtipp zum Club des Jahres
Auch der vor vier Jahren eröffnete Club Kauz geht eigene Wege. Lange galt er als Geheimtipp und selbst Szenekenner wussten geraume Zeit nichts von dem Laden. Dieses änderte sich schlagartig als er 2014 zum besten Club Zürichs gekürt wurde. Yann Cherix vom Züritipp freute sich darüber, dass «endlich eine Club-Betreiberschaft begriffen hat, dass die Peaktime vor Mitternacht liegen darf». Jeweils bereits ab 21 Uhr herrscht im ganzen Club und auf den zahlreiche Sofaecken Betrieb. Hier fühlen sich auch «gealterte» Partypeople wohl, denn hysterische Redbull-Wodka-Trinker sucht man hier vergeblich. Ähnlich unaufgeregt, aber genauso angesagt präsentiert sich das Gonzo. Adrian Hofer, Redaktor bei der Zürich-Ausgabe von RonOrp bezeichnet es als «wohltuend unprätentiös mit einem Sound, der für alle etwas bietet». Der Club befindet sich im wahrsten Sinne des Wortes im Untergrund, nämlich zwei Stockwerke unter der Erde. Etwas verwinkelt, aber durchaus gemütlich findet man hier im Gegensatz zu vielen anderen Zürcher Clubs kaum «overdressed» Möchtegerns.

Openair
Wer es lieber luftiger mag, dem sei das Hard One empfohlen. Auf dem Dach des Abaton-Kinotheaters mit spektakulärer Sicht auf das pulsierende Zürich-West hat sich der Club weit über die Grenzen Zürichs hinaus einen Namen gemacht. Während der Woche steht feines Chill-Out auf dem Programm und an den Wochenenden Parties mit nationalen und internationalen DJs und bekannten Künstlern. Das grosse Spirituosensortiment mit alleine über 100 ausgesuchten Whiskys oder auch 20 Champagner-Sorten sind ein weiterer Grund das Hard One zu besuchen. Man gibt sich selbstbewusst, was der Slogan «Hard to find a better one» zeigt. Das Hard One ist schick, aber nicht elitär und bietet in seinen verschieden Räumlichkeiten Platz für die unterschiedlichste Klientel. Partys unter immer wieder neuem Motto erwarten auch die Partygäste im Kaufleuten Club. Er gehört wohl zu den bekanntesten Clubs der Stadt. Die Meinungen über das Kaufleuten sind jedoch geteilt: Man liebt ihn oder man hasst ihn. Wer auf Latin Lover und junge Blondinen steht ist hier jedoch an der richtigen Adresse.
Fazit: Auch wenn immer wieder geunkt wird, das Clubleben Zürichs erfreut sich bester Gesundheit und verfügt über mehr Clubs als je zuvor. Pro Wochenende feiern über 74’000 Menschen in der Stadt. Die Clubs wachsen beinahe im Minutentakt aus dem Zürcher Nachtboden. Einige verschwinden so schnell wie sie eröffnet wurden, andere jedoch feiern und feiern und feiern…
«Also, das allerschönste, was Füße tun können, ist tanzen.»

Alice Choo: Im Edel-Wunderland
Auf über 600 Quadratmetern setzt der Club Alice Choo in Zürich-West auf Extravaganz. In den ehemaligen Räumlichkeiten des Indochine sind Zürichs Nächte länger und die Röcke der Damen kürzer. Musikalisch regieren hier Elektro- und klassische RnB-Sounds. Neben zwei Tanzflächen kann in der «Rabbit Hole»-Lounge kurz verschnauft werden. In exklusivem Ambiente feiern Kreative und Financiers zu den Beats angesagter DJs. Fazit: Hoher Spassfaktor mit ebenso hohen Eintrittspreisen und strenger Türsteherpolitik.
Friedas Büxe: Das hippe Kellerkind
Friedas Büxe wurde vom Swiss Nightlife Award zum besten Club der Schweiz gewählt. Die Büxe, wie sie von ihren treuen Gefolgsleuten liebevoll genannt wird, liegt im Keller eines Bürogebäudes und ist für seine legendären After-Hour-Partys bis in die frühen Morgenstunden bekannt. Liebhaber elektronischer Musik kommen hier voll auf ihre Kosten und nehmen am Eingang auch mal längere Wartezeiten in Kauf. Im heimeligen Wohnzimmerclub fühlen sich auch erwachsene Clubber zuhause.
Mascotte: Seit über 100 Jahren in Zürich
Der älteste Club in Zürich ist der Mascotte Club am Bellevue. Seit über 100 Jahren wird im wunderschönen Corso-Haus gefeiert und getanzt. Bis zu seinem Tod hatte gar Udo Jürgens seine Wohnung in dem Gebäude. Musikalisch sind den Räumlichkeiten also keine Grenzen gesetzt: wo im Obergeschoss der bekannte Schlager «Mit 66 Jahren» komponiert wurde, zappeln einige Stockwerke weiter unten die Clubber zu Techno und R&B. Lokalhelden und DJs aus dem Ausland legen hier auf und erfreuen Zürichs Partygänger.
Hive: Ravers Paradise
Das Hive begrüsst mit farbenfrohen Regenschirmen, bunten Lichtern und wummernden Bässen. Seit mehr als 10 Jahren werden hier Elektro, Techno, Techhouse und Deep House aufgelegt. Ein Highlight ist die monatlich stattfinde Rakete-Party, zu der sogar Basler sich in „Feindesgebiet“ begeben. Getanzt wird bis in die frühen Morgenstunden, solange das Hive noch auf dem Areal an der Geroldstrasse bleiben darf. Aber wahrscheinlich macht genau diese Ungewissheit die grossartige Partystimmung im Hive aus. Tanzen als gäbe es kein Morgen.
Hiltl Club: Der pelzfreie Club
Nachts verwandelt sich das vegetarische Restaurant Hiltl in den stylischen Hiltl Club. Statt Bulgur, Quinoa-Burger oder Linsensalat gibt es Blackmusic, Deep-House und Party-Tunes. Zu Gast sind lokale und internationale Top-DJs und exklusive Live-Acts. Ob es im ältesten Vegetarier-Club Europas keine Fleischbeschauung gibt sei mal aussen vorgelassen. Pelzträger kommen auf jeden Fall nicht rein! Egal ob ganzer Mantel, Kapuzen oder jegliches Accessoire: wer Echtpelz trägt muss draussen bleiben.